Gruß zum Ignatiusfest

Liebe Sr. Sabine, liebe Schwestern der Congregatio Jesu!

Gerade erst im Amt als Provinzial der Jesuiten freue ich mich, Ihnen und Euch einen herzlichen und geschwisterlichen Gruß zum diesjährigen Ignatiusfest zu senden!

Während seines spirituellen Suchens und in der Zeit seiner Studien begleitete Ignatius eine Reihe verschiedenster Personen, vornehmlich Frauen, die ihn oft auch finanziell und politisch unterstützten. Zunächst gab er Exerzitien, half bei der Unterscheidung der Geister und dem Differenzieren verschiedenster Sünden, ohne dass er eine theologische Ausbildung oder ein kirchliches Amt innehatte.

Das weckte Missgünstige und Neider, die ihn vor den lokalen kirchlichen Gerichten anklagten, so dass es zu einer Reihe von Inquisitionsprozessen gegen ihn kann.

Ignatius kennt die Erfahrung, verfolgt und verleumdet zu werden, also ganz gut, ähnlich wie auch Mary Ward ein knappes Jahrhundert später. Neben ihren Reisen durch ganz Europa ist die kirchliche Verfolgung wohl auch eine der prägendsten biographischen Parallelen zwischen beiden.

Schon Ignatius hatte es als Mann in der katholischen Kirche nicht leicht, mit seinen Vorstellungen von der Sorge für die Seelen und über das Ordensleben bei den damaligen kirchlichen Vorgesetzten durchzudringen – um wieviel mehr noch Mary Ward!

Besonders die Tatsache, dass sie als Frau eigenständig und weitgehend selbstbestimmt eine nichtklösterliche Lebensweise als Dienst in der Kirche suchte, wurde ihr und ihrer Gemeinschaft in ihren verschiedenen Formen lange zum Nachteil ausgelegt und verboten.

Doch das Ringen mit Willkür und Bevormundung trifft nicht nur Ordensgründerinnen!

Für uns Jesuiten ist spätestens seit der 34. Generalkongregation (1995) klar, wie sehr die Situation der Frauen in Kirche und Gesellschaft von derben Ungerechtigkeiten geprägt ist und schon darum unsere ureigene Sendung für Glauben und Gerechtigkeit betrifft.

Die Generalkongregation lud deshalb "alle Jesuiten ein, mit Sorgfalt und Mut auf die Erfahrung von Frauen zu hören. Viele Frauen haben den Eindruck, dass Männer ihnen einfach nicht zuhören. Es gibt keinen Ersatz für solches Hinhören." (34.GK, Dekret 14,7.12)

Das war eine deutliche Wegweisung und Aufforderung! Besonders vor dem Hintergrund der Kämpfe von Ignatius und Mary Ward führt uns die Aufmerksamkeit für die Erfahrungen der Geringschätzung und Benachteiligung auch von heutigen Frauen zum stets neuen und besseren Hinhören.

Heute haben wir es in der Kirche und im Orden an vielen Stellen mit ganz anderen Fragen zu tun, als es Ignatius seinerzeit hatte. Doch Verleumdungen und Unrecht, Kämpfe um Zurücksetzung und Bevormundung gibt es immer noch, genauso wie die Notwendigkeit des liebevollen Zuhörens.

Gott sendet uns als "ignatianische Familie" (34. GK, Dekret 14,10), gerade dort für die Seelen zu sorgen, wo jene Kämpfe ausgetragen werden und mit offenen Ohren an den Schwellen zu stehen.

In diesem Sinne wünsche ich persönlich wie im Namen der Jesuiten ein gesegnetes Ignatiusfest!

Johannes Siebner SJ