Mittelalter und Moderne: Zwei Begegnungen mit Ordensfrauen

Der 550. Geburtstag der Nürnberger Äbtissin Caritas Pirckheimer (1467-1532) war für sechs Mädchen zwischen 12 und 14 und für ihre beiden Betreuerinnen Anlass, zwei Projekttage zu Beginn der Sommerferien im Jugendheim von St. Walburga in Nürnberg-Eibach zu verbringen.

Nach anderthalb Tagen und einer Nacht der Beschäftigung mit Caritas Pirckheimer und dem Ordensleben im Mittelalter ging es weiter zum Keßlerplatz, wo mit Sr. Magdalena Winghofer CJ eine Ordensfrau ganz anderer Art wartete: keine klausurierte Nonne, sondern eine „apostolische“ Schwester, die durch ihren Dienst als Stadtjugendseelsorgerin viel unterwegs ist, mal mit dem Auto, mal mit dem Fahrrad (und wehendem Schleier unterm Fahrradhelm).

Viele spannende Fragen

An diesem Tag war sie zu Hause geblieben, hatte ein köstliches Curry für unsere Gruppe gekocht und anschließend viel Zeit für Fragen zum Ordensleben reserviert. In welchen Ländern gibt es Schwestern von der CJ; wie viele insgesamt? Wie wird frau eine Ordensfrau, was passiert bei der Ausbildung? Was hatte Sr. Magdalena vor ihrem Ordenseintritt gemacht? War „Magdalena“ ihr richtiger Name oder hatte sie einen bei ihrer Profess zugeteilt bekommen? Wie oft und wie lange und wie überhaupt beten die Schwestern von der CJ, wenn es kein gemeinsames Chorgebet gibt? Kontrolliert das jemand, ob sie zu wenig beten? Wovon leben sie, wenn der Klostergarten winzig klein ist und auch keine Kuh im Stall steht?

Was arbeiten die Schwestern, die zur Nürnberger Kommunität gehören? Sind sie alle Lehrerinnen in der Maria-Ward-Schule nebenan?  Darf sich eine Schwester selbst aussuchen, was sie arbeiten möchte, oder bestimmt das die Oberin? Wie geht das, ein Leben im Gehorsam, in Armut und ohne Ehemann und Familie zu führen? Und was ist, wenn sich eine Ordensfrau mal verliebt? Darf auch eine Frau in den Orden eintreten, die schon verheiratet war und Kinder hat? Wurde schon mal jemand aus dem Orden hinausgeworfen? Wie geht das, wenn Schwestern mit unterschiedlichem Alter und unterschiedlichem Temperament in einer WG zusammenleben?

Warum tragen manche ein Ordensgewand und manche nicht? Wie funktioniert das mit dem Schleier, dass er nicht rutscht? (Nicht laut ausgesprochen, aber heimlich erhört und zur vollen Zufriedenheit geklärt wurde die Frage, welche Frisur die Schwester unterm Schleier trägt…) Hat eine Schwester Geld für sich zur Verfügung? Wie viel und für was? Wenn sie mal was Größeres ohne Absprache kauft, muss sie das dann zurückgeben? - Auf unsere Frage „Was passiert, wenn…“ sagte Sr. Magdalena ganz oft: „Dann gibt es ein Gespräch.“ Wir hatten den Eindruck, dass es wenig feste Regeln gibt, dafür aber viel in Absprache zwischen Oberin und Schwester geschieht und im Vertrauen in die Verantwortung der Einzelnen.

Bei einem Rundgang durchs Haus durften die Mädchen ins Wohnzimmer, in den Unterrichtsraum, in Sr. Magdalenas Zimmer und in den Gebetsraum hineinschauen. Besonders beeindruckend fanden einige das Totenbuch, in dem der Name einer jeden nach 1980 verstorbenen Schwester der deutschsprachigen Provinz verzeichnet ist.    

Lebhafte Eindrücke und beeindruckende Begegnungen

Schon bei der Heimfahrt wurden Eindrücke ausgetauscht: „Ich bin schon mal in einem alten Kloster gewesen, das war prächtiger und reicher. Die Mary Ward hat sich da was ganz Neues  ausgedacht.“ -  „Ich habe mir das ganz anders vorgestellt: lange Gänge und alte Möbel, nicht so modern.“ - „So viele Gespräche, die die führen.“  - „Ich fand es toll, dass sie so offen erzählt hat.“ - „Mir hat es gefallen, dass sie immer Vergleiche gemacht hat zwischen der Beziehung zu Gott und der Beziehung zu einem Ehemann.“ - „Ich möchte nicht eine Gemeinschaftskasse haben wollen.“ - „Ich finde es gut, dass es keinen festen Tagesablauf gibt; dass sich die Schwestern selbst ihren Tag einteilen.“ - „Ich glaube, ich würde immer das Beten vergessen, wenn es keine festen Zeiten gäbe.“ - „Gut, dass sie selbst entscheiden durfte, ob sie den Schleier trägt oder nicht. Und interessant, warum sie ihn trägt.“ - „Ich finde es toll, dass sie immer an ihre toten Schwestern denken.“ - „Es war total nett, dass sie für uns gekocht und uns zum Mittagessen eingeladen hat.“ - „Ich hätte nie gedacht, dass eine Schwester aus dem Haus geht und Geld verdient wie jeder andere.“ -  „Spannend, wie die Schwestern miteinander umgehen, wenn sie verschiedener Meinung sind. Das gibt's doch bei uns auch, in der Klasse oder so, dass wir mit Leuten zurechtkommen müssen, die wir nicht mögen.“ - „Wie cool, dass sie so ehrlich war.“ - „Ich dachte, dass in einem Kloster viel mehr Kreuze oder Jesusbilder oder Bibelsprüche an den Wänden hängen. Wenn wir nicht vorher gewusst hätten, dass wir in ein Kloster kommen, hätten wir es nur an den Büchern gemerkt!“  

Text: Irene Keil