Das Kirchenjahr in der Tradition des Ostens und des Westens: Eine Handreichung zu Herren- und Heiligenfesten

Die wichtigste Funktion der gemeinsamen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), die die beiden Bischofskonferenzen für Fragen des Lebens der beteiligten Kirchen speziell in Deutschland zusammenbringt, ist der lebendige Gesprächsprozess der Treffen, die zweimal im Jahr auf verantwortlicher Ebene katholische und orthodoxe Christen zusammenführt.

Um im Gebet und Feiern miteinander verbunden zu sein, muss man aber auch in der Breite der Gemeinden umeinander wissen. Dieses Wissen und die gegenseitige Wertschätzung zu stärken ist ein pastorales Anliegen der Kommission. Ein einfaches Mittel hierzu besteht in einer Reihe kleiner Handreichungen, die Pfarrern und anderen Mitarbeitenden in katholischen und orthodoxen Gemeinden Gemeinsamkeiten und Unterschiede in kurzer Form präsentieren.

In der Reihe Das Kirchenjahr in der Tradition des Ostens und des Westens ist jetzt als viertes Heft „Christus feiern mit der Gottesmutter und allen Heiligen“ erschienen, als eine Sammlung der Feste, die übrig blieben, nachdem die ersten drei Handreichungen zum Sonntag, zur Osterzeit und zur Weihnachtszeit abgeschlossen waren.

Die Handreichungen sind auch im Internet zu finden unter www.dbk-shop.de/de/Deutsche-Bischofskonferenz/Sonstige-Publikationen. Man wird sie vielleicht eher selten „einfach so“ ganz durchlesen. Eher wird eine konkrete Frage, etwa nach dem Beginn des Kirchenjahres, der Grund sein, hineinzuschauen. Manch eine und einer weiß dies aus persönlichen Kontakten schon lange, manch eine und einer weiß es jedoch noch nicht: Das orthodoxe Kirchenjahr beginnt nicht am 1. Advent. Es hat also nicht gerade neu angefangen, wie das katholische, sondern bereits am 1. September, mit einem „Tag der Schöpfung“, was theologisch einen anderen Akzent setzt.

Wer nach gemeinsamen Heiligenfesten der Advents- und Weihnachtszeit sucht, findet beispielsweise, dass die heilige Barbara, die heilige Luzia und der heilige Nikolaus in der Advents- und der heilige Stefanus in der Weihnachtszeit am gleichen Tag gefeiert werden, aber auch die weniger mit volkstümlichen Traditionen umgebenen Heiligen Ambrosius von Mailand, Johannes von Damaskus und Sabas.

Beim Stöbern in der neuen Publikation kann man aber auch Funde machen. Zum Beispiel enthält das neue Heft einen kurzen Abschnitt zum orthodoxen Fest der Drei Hierarchen, das am 30. Januar – einem für die Congregatio Jesu so bedeutsamen Tag, dem Todestag Mary Wards – gefeiert wird. Was erfährt man da? Etwas, das man von der Fest-Bezeichnung her wohl nicht erwartet hätte: dass es als „Fest der – theologischen und sonstigen – Bildung und Schulen“ gefeiert wird. Obwohl Bildung zu den Lebzeiten der drei Hierarchen oft noch nicht Bildung für Mädchen und Frauen war: Ist das nicht trotzdem eine passende ökumenische Fest-Gemeinschaft? Noch mehr scheint das zuzutreffen, wenn man, neugierig gemacht durch die Handreichung, weiterforscht nach der Motivation zur Entstehung des Festes. Die war ein Streit darüber, ob gute Lebensweise oder ob Wissen und Redekunst oder ob Glaubensfestigkeit das entscheidende Moment echter Bildung sei. Um zu betonen, dass alle drei Aspekte zusammengehören und keiner gegen den anderen ausgespielt werden darf, wurde das Fest vor knapp tausend Jahren eingesetzt. Es hat sich vor allem in der orthodoxen Tradition entwickelt und gehalten.

Die Gemeinsame Kommission führt Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), in Begleitung weiterer Theologen, zusammen. Sr. Britta Müller-Schauenburg, zur Zeit Novizin in der CJ, ist 2016 zum Mitglied dieser Kommission gewählt worden, nachdem sie sich in ihrer Dissertation mit einem ostkirchlichen Theologen beschäftigt hat und sich seitdem intensiver mit Leben und Denken von Ostkirchen befasst. „Die Kommissionsarbeit ist sehr wichtig“, findet Sr. Britta. „Nichts auf dieser Welt ersetzt die aufmerksame persönliche Begegnung“.

Text und Foto: Sr. Hilmtrud Wendorff CJ