Offen für das Unerwartete

Pilgerwege des Juniorats in Rom 

Natürlich war Etliches fest geplant und Vieles von langer Hand vorbereitet, als das Juniorat nach Rom kam, um dort auf den Spuren Mary Wards unterwegs zu sein. Die Teilnahme an der Frühmesse im Petersdom am Allerseelentag war beispielweise weit im Voraus organisiert worden, auch der anschließende Besuch des Teutonico, des deutschen Friedhofs im Vatikan mit den Grablegen einiger Mitschwestern. Es waren jedoch nicht zuletzt die Begegnungen hinter Türen, die sich uns völlig unerwartet öffneten, die besonders bewegend waren. 

Selfie vor dem Petersdom

„Welche Hoffnungen, welche Befürchtungen sind in mir lebendig?“, dies war eine der Fragen, mit denen die Gruppe der Juniorinnen zusammen mit ihrer Junioratsbegleiterin Sr. Cristina Irsara CJ und der Mary-Ward-Expertin Sr. Ursula Dirmeier CJ am ersten Tag ihrer Pilgerreise durch die Porta Flaminia den inneren Stadtbezirk von Rom betrat, das gleiche Tor, durch das auch Mary Ward am Weihnachtstag 1621 in die Stadt hineinzog. Damit verband sich auch die Frage, welche Erwartungen jede Einzelne an diese geistlichen Tage hatte.

Eine Vielzahl und Vielfalt von Stationen und Erfahrungen folgten: Besuche von Kirchen, die Mary Ward bei ihren Aufenthalten in Rom ebenfalls besucht hat, ja, die in einzelnen Bildern des Gemalten Lebens explizit erwähnt werden, weil Mary Ward dort eine tiefe geistliche Einsicht geschenkt wurde, die Erkundung der Umgebungen der 1., 2. und 3. Wohnung von Mary Ward und ihren Gefährtinnen, Pilgerwege in Rom und Fahrten in überfüllten Bussen…

 

Hinzu kamen die Begegnungen mit den Mitschwestern im Generalat, in dem die Gruppe untergebracht war, und der Austausch untereinander, natürlich auch Gottesdienste und stille Gebetszeiten. Eine ganz besondere Erfahrung war der Gottesdienst in der sogenannten Camerette des heiligen Ignatius, einem Raum, in dem dieser in den letzten Jahren in Rom gelebt und gewirkt hat. So gab es jede Menge Stoff für die Notizen im Tagebuch oder den abendlichen Tagesrückblick.

Gebet in der Camarete

Es waren jedoch nicht zuletzt die unerwarteten Begegnungen, die diese Reise des Juniorats zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Keine hatte wirklich damit gerechnet, dass uns – ausgerechnet am Feiertag Allerheiligen – auf unser spontanes Klingeln hin die Tür zum Englischen Kolleg geöffnet und uns der Direktor eine Führung durch die Kirche dieses Kollegs geben würde, in der bis heute eine Platte an die Gefährtinnen Mary Wards erinnert, die in der Anfangszeit in Rom verstorben sind.

Der Besuch der slowakischen Mitschwester, die für Radio Vatikan arbeitet, führte letztlich zu einem Interview der Juniorinnen in der dortigen deutschsprachigen Abteilung. Weitere Perlen der geschenkten Begegnung auf den Straßen Roms waren Sr. Mary Wright IBVM und eine zukünftige Gefährtin der CJ, um nur einige zu nennen. 

Jede ging in diesen Tagen auch ihre inneren Wege in der Auseinandersetzung mit den Stätten und Erfahrungen Mary Wards bei ihrem Bemühen um die päpstliche Anerkennung der Gemeinschaft, in zunehmender Spannung zwischen der Treue zu ihrer Berufung und der Treue zu Kirche. Aber eine Erkenntnis wurde uns allen vor Augen geführt: wie wichtig es ist, offen zu bleiben für das, was Gott uns unerwartet schenkt und wozu er uns darin ruft. 

Text: Sr. Anna Schenck CJ
Bilder: Congregatio Jesu