„Gemeinsam sehen wir MEHR“: Treffen der Perspektivgruppe in Neumarkt

„Magis“ oder „Mehr“ ist ein Kernbegriff der ignatianischen Spiritualität. Die Suche nach dem Mehr hat bereits Ignatius von Loyola als wesentliches Kriterium für die Weiterentwicklung der Gemeinschaft und ihrer Sendung identifiziert. Nur, wie finden wir das Mehr – in unserer konkreten Lebenssituation, in Zeiten, in denen immer mehr jüngere Schwestern in Gemeinschaften von zwei oder drei Schwestern leben, im Zusammenwachsen des deutschsprachigen und des ungarischen Teils der Provinz? Die Perspektivgruppe, die Schwestern unter 60 Jahren zusammen mit der Provinzleitung machten sich während ihres gemeinsamen Wochenendes in Neumarkt (Oberpfalz) auf die Suche nach Antworten auf diese Fragen – und entdeckten dabei viel Verbindendes in aller Vielfalt.

Zu Beginn äußerten viele der 34 Teilnehmerinnen den Wunsch nach gegenseitigem Kennenlernen, nach Begegnung untereinander, nach Zeit für den Austausch. Kein Wunder, denn es war das erste Treffen der Perspektivgruppe, an dem auch die Schwestern aus Ungarn teilnahmen, die erst seit Sommer 2017 zur Mitteleuropäischen Provinz gehören. Um das Kennenlernen zu erleichtern, hatten alle Teilnehmerinnen Steckbriefe mitgebracht, in denen sie persönlich Auskunft über sich und ihre Lebenssituation gaben. Es waren aber nicht zuletzt die vielfältigen Begegnungen und Gespräche bei Tisch, in Kleingruppen, größeren Gruppen und im Plenum, im gemeinsamen Gebet und Gesang, aber auch im informellen Teil, die viel zum besseren Kennenlernen beitrugen. Letztlich stellten die Teilnehmerinnen fest, dass es viel Gemeinsames und Verbindendes gibt, trotz der sprachlichen Barrieren, geographischer Entfernungen und einer unterschiedlichen Geschichte.

Wesentlich hierfür war auch das Thema des Treffens, durch das der Moderator Michael Fischer die Gruppe in drei Schritten führte: die Frage nach dem Mehr in unserem Leben als CJ-Schwestern. Zunächst lag der Fokus darauf, wo dieses Mehr im Leben jeder Schwester heute schon erfahrbar ist – und was dies bedeutet, für die Einzelne, für den/die Andere/n, für die jeweilige Sendung, für Kirche und Gesellschaft, für Gott… Hier kam eine Fülle von Erfahrungen zusammen, die den Reichtum des gemeinschaftlichen Lebens und der Sendung der Congregatio Jesu vor Augen führte. „Zusammen sehen wir MEHR“, war dann auch ein Fazit aus dieser Einheit.

Nicht nur das gelungene Mehr hatte Raum, auch die Leerstellen in unserem Leben, das, was wir heute vermissen. „Wie können wir dem Raum geben, was hindert uns daran“, waren Fragen, die in diesem Schritt die Reflexion und den Austausch leiteten. Die gemeinsam geteilte Erfahrung, dass es unerfüllte Bedürfnisse, Einschränkungen und Begrenztheit im Leben jeder Schwester gibt, hatte durchaus einen verbindenden Charakter. Es wurde auch viel Ermutigung darin spürbar, an dem Vermissten, an der eigenen Sehnsucht dran zu bleiben, um in der Nachfolge, in all den Aufgaben und Anforderungen lebendig zu bleiben und IHM auf die Spur zu kommen.

Im dritten Schritt ging es um die Frage, was die Einzelne, aber auch die Gruppe aus diesen Tagen mitnimmt in den Alltag: konkrete Umsetzungsideen, aber auch Anregungen, Hoffnungen, Fährten für den weiteren Weg. In den Ideen, die hier zusammengetragen wurden, war einerseits der Wunsch spürbar, in den Fluss zu kommen, die Überlegungen ins konkrete Leben zu bringen, andererseits das Einverständnis, dass wir alle und das gemeinsame Suchen nach der Zukunft nicht fertig sein müssen – erst recht nicht in der Situation von Umbruch, ja Abbruch und Neuanfang, von sich verändernden Kommunitätskonstellationen und Altersstrukturen. Das Ja der jüngeren Schwestern, aktuell eher eine „Probebühne“ zu leben, ohne ein Patent unterwegs zu sein, war entlastend und eröffnete zugleich neue Möglichkeiten.

Es waren erfüllende, ermutigende gemeinsame Tage, bei denen das Zusammensein von deutschsprachigen und ungarischen Schwestern von beiden Seiten als sehr bereichernd erlebt wurde. Im Sprachgewirr war die Unterstützung durch die Übersetzerin Boglárka Somfai sehr entlastend. Trotz der Unterschiedlichkeit wurde an diesem Wochenende nicht nur gemeinsam gerungen und gebetet, sondern auch viel und herzhaft gelacht.

Text: Sr. Anna Schenck CJ
Bilder: Sr. Helena Erler CJ