Impuls für den Weg: Ankommen ist Losgehen
Und dann komme ich wirklich am Ziel an. Schon in den letzten 3, 2 Tagen steigt eine gewisse Nervosität. Es hatte sich ein Rhythmus eingespielt. Ich wusste, was zu tun war.
Und jetzt soll das alles zu Ende sein? Gleichzeitig wachsen mit jedem Schritt die Freude und der Stolz.
Auch diese letzte Phase braucht Vorbereitung, denn Ankommen ist ein tieferer Einschnitt, als man zunächst vermutet. Mit dem Ende beginnt sogleich das Neue. Zum Ende gehört das bewusste Wahrnehmen, es geschafft zu haben. Das, was ich mir vorgenommen hatte, ist erreicht. Es braucht eine Zäsur, eine Pause, ein Feiern des Erreichten. Vielleicht ist es nur, im Fall des Kollegen, ein bewusster Händedruck oder ein gemeinsames Essen in der Kantine. Aber es braucht das Zeichen. Wer zu schnell zur Tagesordnung übergeht, bringt sich um die Früchte des Erreichten, denn das Erreichen eines Ziels verändert. Es verändert mich selbst in meinem Kontakt zu mir, und es verändert die Beziehung zu anderen, vor allem dann, wenn es ein gemeinsamer Weg war.
Und schließlich braucht es die Verabschiedung aus meinem Projekt. Etwas ist zu Ende gegangen. Etwas Neues beginnt. Ein Wort von Sokrates drückt aus, worum es dabei geht: "Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden." (Kalenderweisheit; Sokrates, um 469-399 v. Chr.)
Die Freude des Erfolgs birgt die Gefahr des "Sesshaft-Werdens", deshalb ist es gut, sie zur rechten Zeit auch wieder loszulassen. Die Aufmerksamkeit, die während des Pilgerns an den Weg mit seinen Herausforderungen gebunden war, kann sich jetzt wieder auf Anderes richten.
"Verwandelt kehre ich heim,
reich an äußeren und inneren Erfahrungen wende ich mich neu dem Alten zu …
Die Fragen, Probleme und Menschen sind noch dieselben.
Nur ich bin nicht mehr der gleiche, als der ich aufgebrochen bin …
Ich muss nicht mehr lieben, arbeiten, leiden. – Ich darf!
Neu zu leben wird mir geschenkt, weil ich von innen, von Gott her lebe.
Gott, neu leben kann ich nur vorwärts
auf dem Pilgerweg meines Lebens, mit deinem Segen"
Aus: Peter Müller; Wer aufbricht, kommt auch heim; Eschbach Verlag 1996, S. 138