2 - Am Hof in Brüssel und der Aufbruch nach Rom
Warum musste Mary Ward nach Rom? Ihre Gemeinschaft sollte ja, so war ihre feste Überzeugung, nach dem Vorbild der Jesuiten nur dem Papst unterstellt sein. Sie war zudem bereits über die Grenzen einer Diözese hinausgewachsen. Deshalb genügte die bischöfliche Genehmigung nicht mehr, obwohl die Bischöfe sie durchaus unterstützten.
Und es gab noch einen ganz praktischen Grund: So lange die Gemeinschaft keine sichere Anerkennung hatte, bekamen die Mitglieder die Mitgift von ihren Verwandten nicht überschrieben. Und vom eigenen Vermögen und von frommen Stiftungen mussten die Schwestern ja leben, da der Unterricht gratis sein sollte. Und schließlich wollte Mary den Generaloberen der Jesuiten um die Erlaubnis für die Übernahme der Lebensweise bitten.
Im September 1621 hielt sie sich in Brüssel am Hof der Infantin Isabella, der Statthalterin Spaniens, auf. Sie erbat von ihr Empfehlungsschreiben für die römische Kurie, die Isabella anfertigen und ihrem Diplomaten in Rom zuschicken ließ. In dieser Zeit entstand höchstwahrscheinlich auch das hier gezeigte Portrait, gemalt von einem Mitarbeiter aus der Werkstatt des Peter Paul Rubens, der seit 1609 Hofmaler der Infantin war.
Der Aufbruchstag war entweder der 21. Oktober, der Gedenktag der hl. Ursula (Englische Vita) oder der 18. Oktober, der Tag des hl. Lukas (Italienische Vita). Als Ausgangspunkt wird auf alten Bildern Trier genannt, wahrscheinlicher ist aber Lüttich. Vielleicht war es auch so, dass Mary Ward am 18. in Lüttich startete, und am 21. Oktober die Reisegruppe dann in Trier komplett war. Wir wissen es nicht.
Die Gruppe bestand aus Mary Ward und ihren Mitschwestern Winefrid Wigmore, Barbara Ward, Susan Rookwood, Margaret Horde und Anne Turner, dem Priester Henry Lee und dem Gentleman Robert Wright. Außerdem hatten sie einen Diener und zwei Pferde dabei; eines sollte das Gepäck tragen, das andere die jeweils erschöpfteste Person.
Auf dringendes Anraten der Infantin reisten sie in Pilgerkleidern, weil sie das für Diebe und Räuber weniger interessant machte, als wenn sie als Personen von Stand zu erkennen gewesen wären. Dennoch wurden sie unterwegs bestohlen.
Ihr Gebetspensum konnte mit jeder Pilgergruppe mithalten. Gemeinsames Gebet, beginnend mit der Lauretanischen Litanei, und persönliche Zeit der Betrachtung wechselten sich ab. Naturschauspiele regten zum Lobpreis des Schöpfers an. Das Rosenkranzgebet fehlte nicht.
Der Tag wurde abgeschlossen mit dem „Te Deum“ und „Laudate Dominum omnes gentes“ und der Lesung eines Kapitels aus der Heiligenlegende.