Impuls: Advent – am Ende ein Anfang

Gedanken zum Sonntagsevangelium am 1. Advent (28.11.2021): Lk 21,25–28.34–36

"Drei gute Nachrichten: 1. Noch ist nicht das Ende. 2. Aber es wird ein Ende geben. 3. Und am Ende wird Gott sein."

Diesen Satz habe ich zum ersten Mal Silvester 1999/2000 im Kloster Hegne gelesen – mein erster Aufenthalt in einem Kloster und, wenn mal so will, der Beginn meiner eigenen Berufungsgeschichte. Am Silvester der Jahrtausendwende hat er für mich gut gepasst: Es war eine Endzeitstimmung, alles war unsicher, alles chaotisch. Für mich damals ein guter Vorwand, um selber etwas Außergewöhnliches zu tun, etwas, dass ich immer mal heimlich testen wollte: mir dieses "Ordensleben" genauer anschauen.

Warum ist der Satz so beruhigend? Das erste ist ja klar – noch geht alles weiter, noch ist kein Stress, keine Entscheidung. Warum ist es wichtig, dass es ein Ende gibt? "Ohne den Tod wäre das Leben sinnlos" – so äußern sich viele Philosophen immer wieder zum Ende. Ohne den Tod, ohne ein Ende wäre alle beliebig wiederholbar, sich endlos drehende Zeit. Erst das Ende gibt der Zeit eine Bedeutung, teilt sie ein, macht Ereignisse einmalig und damit diskutierbar und bewertbar. Und erst das Ende ermöglicht einen Neuanfang, die Geburt von etwas ganz Neuem.

Für meine Masterarbeit habe ich mich mit dem Thema "Scheitern" beschäftigt. Der Pastoraltheologe Michael Kern weist darauf hin, dass jedes Scheitern ein Zerbrechen an den alten Normen ist, aber auch ein Überschreiten dieser Normen, eine Transgression. Scheitern, zugrunde gehen, ermöglicht es, neue Möglichkeiten und Wege hinter den Grenzen der bekannten Gesellschaft zu entdecken. Wichtig ist aber dazu, sich erstmal das Scheitern, das Ende einzugestehen.

Da passt es, dass dieses Evangelium vom Ende der Welt am Beginn des Kirchenjahres und des Advents steht. Advent erscheint immer als das niedliche Fest mit dem Baby. Jesu Worte machen hier die Verbindung zu Ostern deutlich: Mit der Geburt Jesu ist auch dessen Tod schon eingeleitet und mit seinem Tod die alles übersteigende Auferstehung Jesu, die in unser aller Auferstehung mündet.

Mit dem Advent feiern wir schon die Überschreitung der Grenzen auf den hin, der am Ende aller Zeiten und unseres Lebens steht: Gott, der die Menschen so sehr liebt, dass er mit uns lebt und stirbt.

Sr. Birgit Stollhoff CJ

Vielen Dank an katholisch.de für die Genehmigung zur Übernahme des Textes.

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