Treffen der Provinzoberinnen

Zurück zu den Wurzeln

Interview mit Sr. Sabine Adam nach ihrer Rückkehr von der weltweiten Provinzoberinnenkonferenz der Congregatio Jesu

Sr. Sabine, mit welchen Themen haben Sie und Ihre Amtskolleginnen sich in Rom befasst?
Sr. Sabine Adam CJ: Da ging es zum Beispiel um die Frage der Leitung im Dienst der Sendung. Es ging um Fragen der Neustrukturierung und um Formen der Zusammenarbeit, zum Beispiel mit den Gefährtinnen und Freunden Mary Wards, aber auch mit anderen Ordensgemeinschaften und öffentlichen Initiativen. Uns wurde vorgestellt, was weltweit schon läuft und was geplant ist.
Gerade wird der Rahmenplan für die Formation überarbeitet. Damit haben wir uns länger auseinandergesetzt. Auch mit dem Themenfeld Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung haben wir uns intensiv befasst.

Eine ganz internationale Gemeinschaft: Die Provinzoberinnen auf dem Weg zu einem Außentermin. Foto: Sr. Elisabeth Kampe CJ

International denken

Ging es beim Thema Neustrukturierung auch um eine spätere Europäische Provinz oder gar eine „Weltprovinz“?
Sr. Sabine Adam CJ: Der weltweiten Versammlung der Provinzoberinnen war die der europäischen Provinzoberinnen vorgeschaltet. Da ist klar geworden, dass eine Vereinigung auf europäischer Ebene nicht ansteht, weil sie keinen Sinn macht, denn auch die anderen europäischen Provinzen haben nicht viel Nachwuchs. Insofern ist die Überlegung nach einer „Weltprovinz“ nicht abwegig. Wir brauchen natürlich Überganglösungen, um dann irgendwann globale Strukturen aufzubauen. Das wird aber sicher noch 30 Jahre dauern, nehme ich an.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber in Bezug auf die Formation wird es schon bald eine Rolle spielen. Wenn eine Frau bei uns eintritt, muss sie wissen, dass sie prinzipiell weltweit eingesetzt werden kann. Das können  übergeordnete Aufgaben in Rom sein oder auch Sendungen in andere Länder. Englisch als unsere gemeinsame Sprache wird unabdingbar sein.

Wie haben Sie die Provinzoberinnen erlebt? Überwiegend zuversichtlich? Oder auch abwartend, weil schwierige Zeiten erwartet werden?
Sr. Sabine Adam CJ: Natürlich sehen Provinzoberinnen die Schwierigkeiten vor Ort. Aber ich habe den Eindruck, dass die Zuversicht doch sehr stark ist. Es gibt einiges an Aufbrüchen in der ganzen Welt.

Es gibt ja auch Provinzen, die starken Zuwachs haben, wie zum Beispiel Südkorea?
Sr. Sabine Adam CJ: Auch in Südkorea gibt es nicht mehr so viel Eintritte wie in früheren Jahren. Das Gleiche gilt auch für Indien. Dort ist es aber immer noch so, dass unsere Schwestern in die Familien gehen, den Töchtern anbieten eine unserer Schulen zu besuchen, um dann gegebenenfalls in unsere Gemeinschaft einzutreten, wenn sich herausstellen sollte, dass es wirklich ihr Weg ist. Ein Weg, der früher auch hier durchaus üblich war

Auch die Arbeit in Kleingruppen lief ganz international ab. Rechts im Bild: Generalassistentin Sr. Elisabeth Kampe CJ Foto: CJ Rom

In Rom wohnen Flüchtlinge im Generalat. Wie sieht das konkret aus?
Sr. Sabine Adam CJ: Dort wohnen seit einem Jahr drei afrikanische Frauen. Sie sprechen schon gut Italienisch und machen Ausbildungen.

Sind Flüchtlinge auch für andere Provinzen ein Thema?
Sr. Sabine Adam CJ: Ja, es gibt dazu zwei neue Initiativen, an denen sich unser Orden beteiligt. So wird gerade ein Haus für Flüchtlinge auf Lampedusa geöffnet. Eine interkongregationale Gemeinschaft, an der wir uns finanziell beteiligen, lebt dort. Und eine vergleichbare Initiative gibt es im Südsudan.

Das Thema Flüchtlinge hat bei der europäischen Versammlung in den ersten beiden Tagen auch eine Rolle gespielt. Wir sind uns der Tatsache bewusst geworden, dass wir aus verschiedenen Ländern kommen und unser Nationalbewusstsein irgendwie mitbringen, auch als Schwester. Es dauerte eine Weile, bis wir darüber sprechen konnten, wie die plakativen Zuschreibungen der Medien, vor allem in der Beurteilung von Ungarn und Deutschland, unsere Versammlung belastete. Aber das ist eine interessante Herausforderung, weil wir trotz aller Unterschiede Teil der einen Gemeinschaft sind. 

Wo sieht die Provinzoberinnenversammlung die Hauptherausforderung für die Zukunft des Ordens?
Sr. Sabine Adam CJ: Zum einen in der Formation. Die Zahl der Eintretenden wird kleiner, der Druck auf die einzelnen größer, weil eine solche Entscheidung  zu einer Bindung „auf Lebenszeit“ eben immer seltener wird. Dem kann nur mit einer hohen Qualität an Ausbildung begegnet werden. Und dann bewegt uns die Frage, wie wir mit den vorhandenen Kräften so umgehen können, dass die Sendung des Ordens lebendig bleibt und die Energie nicht nur in die Sorge für die Gemeinschaft selbst fließt.

Generaloberin Sr. Jane Livesey CJ bei der Sitzungsleitung. Foto: Sr. Elisabeth Kampe CJ

Wird sich das Ordensleben in den nächsten 30 Jahren stark verändern? Werden die Schwestern zum Teil in anderen Wohnformen leben?
Sr. Sabine Adam CJ: Ja, das wird vermutlich so sein. Es wird Schwestern geben, die in sehr kleinen Gruppen leben und regional weit verstreut sind. Und es wird zunehmend Kommunitäten geben, die sich um ein Projekt herum bilden und deren Mitglieder aus verschiedenen Gemeinschaften sind.  Auch die Weisen des Gemeinschaftslebens werden sich verändern. Das ist die Herausforderung: Wach zu sein für die Veränderungen, die uns die Zeit gebietet; dabei  treu in der eigenen Berufung zu stehen und das Vertrauen zu haben, dass Gott uns den Weg zeigen wird und nicht wir selbst ihn finden müssen.

Könnte es zum Beispiel gemeinschaftliche Wohnformen mit Schwestern und Gefährtinnen geben?
Sr. Sabine Adam CJ: Denkbar ist das. Wir haben es ja bereits an einem Ort. Ich halte es dabei für wichtig, die Spannung nicht aufzuheben zwischen dem gemeinsamen Charisma, das von allen gelebt wird und der Unterschiedlichkeit in den Ausprägungen je nach Lebensstand: Ordensleute, Verheiratete und Alleinstehende. 

Wie kommen Sie persönlich aus Rom zurück?
Sr. Sabine Adam CJ: Es ist sehr bereichernd gewesen, zu spüren, dass wir eine internationale Gemeinschaft sind und auch weltweit zusammenwachsen. Diese universale Perspektive war der große Wurf des Anfangs und ist bis heute unser Charisma. Zu Mary Wards Zeiten gab es keine Provinzen. Von daher ist Freude da, weil wir spüren, dass wir wieder zu unserem Ursprung zurückkehren.
Die Fragen stellte Gabriele Riffert.