Warum der Heilige Geist den Glauben erst spannend macht

Das dritte Rad am Wagen? „Two is a company, three is a crowd“ – „zwei sind ein Team, drei ein Gedrängel“: Der oder die Dritte hat es oft schwer in unserer Gesellschaft!
Warum genau dann drei? Warum Vater, Sohn und Heiliger Geist? Hätten Vater und Sohn nicht gereicht? Muss das noch komplizierter werden?
Zur Liebe gehört ein Drittes
Der Philosoph Thomas von Aquin sagt dazu, zur Liebe gehört ein Drittes: Der/die Liebende, der/die Geliebte und die Liebe selber. Nur zwei wären Über- und Unterordnung und ein geschlossenes Paar. Es braucht die Öffnung auf drei hin, um die Beziehung dynamisch zu gestalten. Für Jesus ist der Heilige Geist der Kommunikator schlechthin – und so ist „Wahrheit“ bei ihm nicht eindimensional, sondern vielseitig, ein Gespräch unter mehreren. Ähnlich sagt es auch der Kreativitätsforscher, Prof. Peter Kruse: Für ihn besteht ein innovatives Team aus drei Personen: Die Ideengeber:in, den Spezialisten und die Netzwerkerin – alle drei können je zu zweit etwas Neues entwickeln und bringen gleichzeitig als Dritte im Bunde genug Instabilität in das Denksystem. Harmonische, ausgeglichene Systeme sind für ihn „dumme“ Systeme.
Dann also lieber die unbequemen Drei!
Gleichzeitig – das weiß, wer klettert oder handwerkt – sind drei Punkte ausreichend, um etwas zu befestigen oder zu stabilisieren. Zwei ist zu wenig, bei vier muss es schon genau abgemessen sein. Nein, drei ist genug Dynamik, drei ist genug Spannung und so in sich stabil. Drei ist die göttliche Zahl.
Der Heilige Geist ist Friedensbringer und Unruhestifterin, Innovation und noch viel mehr
Wer oder was ist dann jetzt der, die, das heilige Geistkraft? Vielleicht überlegen sie das kurz selber – hatten sie schonmal ein Erlebnis, wo sie sagen würden: Das war der Heilige Geist? Haben Sie schon mal zu ihm gebetet? Ich kann mich da erinnern: Wir hatten in meiner katholischen Studentengemeinde viele Konflikte mit unserem neuen Studentenpfarrer. Und an einem Konflikttiefpunkt in einer Sitzung habe ich zum ersten Mal zum heiligen Geist gebetet: „Heiliger Geist, wenn es Dich gibt, dann solltest du jetzt mal ganz dringend kommen, sonst geht das hier gewaltig schief!“ In dem Moment kam (leider) kein Blitz vom Himmel. Aber wir Student:innen haben gelernt, dass unser Engagement nicht vom Pfarrer abhängt und selbst Verantwortung übernommen. Genau das ist eine Lösung im Sinne der Heiligen Geistkraft! Der Heilige Geist ist beides und viel mehr – Friedensbringer und Unruhestifterin, Innovation und Entschleuniger, er ist Prophetin und Tradition. Der Heilige Geist hält uns davon ab, es uns zu bequem zu machen. Gleichzeitig bremst sie uns aus, wenn wir zu vielen neuen Zeitgeistern hinterherrennen wollen. Nicht umsonst wird in der Kirche viel zum Heiligen Geist gebetet. Zuletzt beim Konklave: Dieser neue Papst, den keiner erwartet hatte – das war sicher das Ergebnis eines Massenansturms auf den Heiligen Geist!
Der Heilige Geist muss immer neu erbetet werden
Ist die Weihe oder ein Amt dann eine Garantie für den Besitz des Heiligen Geistes? Ich meine: nein. Der Heilige Geist muss immer wieder neu erbetet werden. Gerade Status und Erfahrung können auch als Bollwerk gegen die Heilige Geistkraft wirken: Wenn ich etwa der Meinung bin, dass alles schon entschieden ist oder wenn Veränderungen per Dekret ausgesperrt werden sollen. Ich finde, im Laufe der Kirchengeschichte hat es der Heilige Geist immer wieder in die kirchliche Struktur und sogar bis in das Kirchenrecht hineingeschafft. Wer da sagt, dass es da nichts mehr zu sagen gibt, wird ganz sicher überrascht werden! Aller guten Dinge sind drei und in diesem Sinne hat der Heilige Geist das letzte Wort nach Tradition und Amt, davon bin ich überzeugt.
Dieser Text ist zunächst bei katholisch.de erschienen.
Text: Birgit Stollhoff CJ