Mein Jahr der geistlichen Erneuerung

Zehn Jahre nach der Ewigprofess haben Schwestern der CJ die Möglichkeit ein "Jahr der geistlichen Erneuerung" einzulegen. In diesem Jahr haben sie die Möglichkeit, sich intensiv mit ihrem Glauben, ihrer Berufung und ihrem persönlichen Wachstum auseinander zu setzen und zu vertiefen. Sr. Katharina Maria Bald erzählt davon, was sie in dieser Zeit erlebt hat.  

 

Bei der Essensausgabe in Toronto.

 

"Bis zum vergangenen Sommer habe ich in Frankfurt in einer Institutsambulanz eines psychiatrischen Krankenhauses gearbeitet. Dies ist eine Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die ein Verbindungsglied zwischen stationärem Aufenthalt in der Psychiatrie und Unterstützung für das Leben im Alltag darstellt. Oftmals kann durch die Behandlung ein stationärer Aufenthalt vermieden und der Übergang in den Alltag, nach einem stationären Aufenthalt, erleichtert werden. Meine Aufgabe war im Patientensekretariat unter anderem die Aufnahme der Patienten und die Kommunikation mit Patienten und Angehörigen. Ich habe diese Aufgabe und den Kontakt mit den Patienten und die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Berufsgruppen: Ärztinnen und Pflegern als sehr erfüllend erlebt. Insbesondere, da ich den Menschen in ihrem Anliegen konkret helfen konnte, in einer oftmaligen Krisensituation.

Gott ist da und wirkt

Als unsere Kommunität in Frankfurt aufgelöst wurde ergab sich für mich die Chance in das Jahr der geistlichen Erneuerung zu gehen. In den Konstitutionen steht, dass etwa zehn Jahre nach der Ewigprofess jedes Mitglied ein Jahr für eine intensive geistliche, menschliche und apostolische Erneuerung und Vertiefung erhält.

Zu Beginn gab es mehrere Optionen für die Gestaltung dieses Jahres der geistlichen Erneuerung, die in engem Kontakt mit der Provinzobern besprochen wurden. Im Laufe der Wochen und Monate haben sich allerdings die ursprünglichen Pläne aus verschiedenen Gründen in Luft aufgelöst. Doch dann hat sich alles gefügt, wenn auch ganz anders als ursprünglich gedacht. Da habe ich wieder einmal gespürt, wie Gott da ist und wirkt.

Ein wichtiger Bestandteil dieses Jahres waren die 30-tägigen Exerzitien, die ich als Exerzitien im Alltag machte und die zeitgleich mit meinem Jahr der Erneuerung begannen. Da ich sie als Exerzitien im Alltag machte und sie sich daher über 30 Wochen erstrecken, waren sie ein Kernstück meines Jahres.  

Erste Station: England auf den Spuren Mary Wards

Zu Beginn meiner Zeit ging ich nach England, um mein Wissen über und meine Beziehung zu Mary Ward zu vertiefen. Ich wollte mein geistliches und spirituelles Leben reflektieren und vertiefen, aber auch Englisch lernen. So bin ich dann nach England gegangen und habe sechs Wochen mit den Schwestern im Bar Convent in York gelebt. Die Mitschwestern in England haben mich sehr freundlich aufgenommen und sind mit mir die Wege Mary Wards gegangen. Sie haben mich zu den Orten gebracht, wo Mary gewesen ist.

Da standen wir dann und haben uns gefragt: Wie ging es Mary Ward da? Wie hat sie sich gefühlt in diesem Moment ihres Lebens und an diesem Ort? Dort wirklich vor Ort zu sein hat mir sehr geholfen, die gesellschaftlichen Zusammenhänge der damaligen Zeit besser zu verstehen. Ich habe mich auf eine Art Pilgerreise auf Mary Wards Spuren begeben.

Ich durfte Kurse in St. Bede´s, dem pastoralen Zentrum unserer Mitschwestern in York, besuchen. Ansonsten habe ich die Zeit auch damit verbracht, die Umgebung zu erkunden aber vor allem auch die Mitschwestern kennen zu lernen.

Anschließend an meine Zeit in York war ich sechs Wochen in Cambridge, wo mir eine Mitschwester Englischunterricht gegeben hat. Dort habe ich den Advent und Weihnachten erlebt und hatte das große Vergnügen die Englische Tradition der „Carol Services“ zu erleben. Diese Konzerte habe ich sehr genossen, wenn die Chöre auf höchstem Niveau, in den beeindruckenden alten Kirchen auf das Weihnachtsfest einstimmten.

Zweite Station: Becoming One in Kanada

Nach einem kurzen Aufenthalt in Deutschland bin ich dann zu meiner zweiten großen Reise aufgebrochen: nach Kanada. Hier ging es darum die Mitschwestern des Loreto-Zweiges kennenzulernen und Beziehungen zu knüpfen.  

In Toronto gibt es eine kleine Kommunität im Loreto-College, einem Gebäude, das zum Teil Studentinnen-Wohnheim und zum Teil geistliches Zentrum ist. Dort durfte ich mit den Schwestern leben.

Durch einen „Zufall“ hat sich ergeben, dass ich im Regis College, der Jesuiten-Hochschule in Toronto, bei einem Professor Vorlesungen über ignatianische Spiritualität, als Gasthörerin, besuchen durfte. Parallel dazu habe ich weiter meine Exerzitien im Alltag gemacht – und so mein spirituelles Leben aktiv vertieft, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Das hat sich sehr gut ergänzt und neue Horizonte eröffnet. Auch hier erlebte ich deutlich die Führung Gottes.

Im Laufe meines Aufenthaltes konnte ich noch einige weitere Kurse dort besuchen. So hörte ich Vorlesungen zu Synodalität, nahm an einem Kurs zum Thema Geistliche Begleitung teil und einem zum Thema Exerzitien auf der Straße. Und später noch ein Kurs in Exerzitien Begleitung.  Mein Ziel der geistlichen Erneuerung und Vertiefung konnte ich voll erfüllen. Da alles auf Englisch war, haben sich wie nebenbei auch meine Sprachkenntnisse verbessert.

Auch in der Kommunität erlebte ich große Gastfreundschaft und ganz herzliches Willkommen. In der kanadischen Provinz leben 35 Loreto Schwestern. Die meisten von Ihnen leben im Pflegeheim. Sie freuten sich sehr über Besuch aus Deutschland, wohin es schon seit langer Zeit Verbindungen gibt.  

Intensive Tage, Fragen, Bedenken

Besonders intensiv war es für mich einen Teil des Prozesses der Vereinigung des „becoming one“ dort zu erleben. Wir haben in der Kommunität intensiv die Impulse aus Rom bearbeitet und am 23. des Monats im Zoom Treffen mit den Schwestern der Kanadischen und der Amerikanischen Provinz ausgetauscht. Die Schwestern hatten viele Fragen und manche Bedenken, die sie mit mir geteilt haben. Besonders die Namensänderung war ein großes Thema für sie. Häufig wurde mir auch die Frage gestellt: „Wollt ihr das denn, dass wir zu euch kommen?“ Überwogen hat aber die Freude, dass wir endlich das tun können, was Mary Ward immer wollte.

An diesem entscheidenden Prozess Anteil nehmen zu dürfen und zumindest in Teilen zu sehen, was das für sie bedeutet, war wirklich besonders. Am Tag der Entscheidung, am 31. Juli 2025, als jedes einzelne Mitglied des IBVM in einer geheimen Wahl entscheiden musste, ob es in die Congregatio Jesu wechseln möchte, haben wir zusammen in der Kapelle des Altenheims gebetet, in dem eine Kommunität von älteren Schwestern lebt. Das war wirklich ein historischer und bewegender Moment, bei dem ich dabei sein durfte. Als nun am 4. November in Spanien der Gottesdienst der Vereinigung gefeiert wurde und das Dekret verlesen wurde, war ich online live dabei und die übergroße Freude, dass wir nun wirklich eins sind, war deutlich zu spüren.

Natürlich habe ich in meiner Zeit auch dieses herrliche Land kennengelernt. Da ich Anfang Februar kam konnte ich tiefen Winter mit Eis und viel Schnee erleben, Frühjahr und Sommer. Besonders beeindruckt haben mich die großen Seen, bei denen man den Eindruck hat, man steht am Meer, weil man nur Wasser und Horizont sieht. Im Winter sind wir über die dicke Eisschicht des zugefrorenen Sees gelaufen und haben Leuten beim Eisfischen zugeschaut. Wir machten schöne Ausflüge zu den Niagarafällen, zu Kanadas Hautstadt Ottawa, Montreal und Quebec City und den Sehenswürdigkeiten von Toronto.

In den Exerzitien war in mir auch der Wunsch nach einem apostolischen Einsatz gewachsen und ich konnte mich in der Pfarrei bei der Essensausgabe an Bedürftige beteiligen. Die wirklich liebevolle Zuwendung zu und der Kontakt mit den Bedürftigen waren sehr prägend für mich.

Dritte Station: Wallfahrt der Ordensleute nach Rom im Heiligen Jahr

Auf Einladung des Bistums Limburg, wo ich 8 Jahre ehrenamtlich Mitglied des Ordensrates war, konnte ich im Oktober an der Wallfahrt der Ordensleute zum Heiligen Jahr teilnehmen. Wir hatten ein wunderbares Programm, Einblicke in die Arbeit dreier Dikasterien, trugen betend die Anliegen vieler Menschen durch die Heiligen Pforten und nahmen am offiziellen Programm mit Papstaudienz teil.  Dies bildete den Abschluss meines Jahres der geistlichen Erneuerung.

Dieses Jahr der Erneuerung, das ich gemacht habe, steht zwar in den Konstitutionen, aber nicht alle Schwestern nehmen es auch wahr. Bei mir hat es sich sehr glücklich gefügt, dass ich ca. zehn Jahre nach meiner Ewigprofess sowohl beruflich als auch durch die Auflösung der Kommunität in einer Veränderungs-Situation war, so dass es sich wirklich angeboten hat, diese Zeit zu nutzen, meine Spiritualität zu vertiefen und mich neu zu orientieren. Dass ich dabei auch noch andere Kulturen kennen lernen durfte, war für mich sehr wichtig und horizonterweiternd. Ich habe in dieser Zeit so viele glückliche „Fügungen“ erlebt, die eindeutig die Handschrift Gottes tragen und meine Beziehung zu ihm vertieften.

Die Erfahrungen in diesem Jahr haben übrigens bei mir auch zu einer beruflichen Neuorientierung geführt: Seit November arbeite ich bei der Caritas in München in der Organisation von zwei Essensausgaben an Bedürftige; Antonius Küche und Korbinian Küche – eine Aufgabe, auf die ich ohne die Erlebnisse in diesem Jahr nie gekommen wäre. 

 

 Text und Bilder: Sr. Katharina Maria Bald CJ