Hilfe beim Spracherwerb

"Doitsch" ist nicht immer schwer: Sr. Veronica Fuhrmann CJ unterstützt Asylbewerber beim Erlernen der Sprache

Neuburg/Donau. Seit zwei Jahren engagiert sich Sr. Veronica Fuhrmann CJ (im Bild oben links) in der Sprachförderung von Asylbewerbern. Neuburg gehört zu den Orten, die große Gemeinschaftsunterkünfte für neuankommende Asylbewerber zur Verfügung stellen. In der ehemaligen Kaserne leben derzeit mehr fast 500 Menschen aus verschiedenen Ländern und Erdteilen, die auf ihr Asylverfahren warten. Es sind meist Familien aus verschiedenen afrikanischen Ländern, aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Aserbeidschan, die bei ihrer Ankunft noch kein Wort Deutsch sprechen.

Oft sind sie durch die Erlebnisse von Krieg und Flucht traumatisiert und finden auch nur sehr schwer und langsam Zugang zum Lernen der fremden Sprache. Eine andere Gruppe sind Migranten aus EU-Ländern. Sprachlich stehen sie vor ähnlichen Problemen, aber in Bezug auf Bleiberecht und dem Profitieren von der Sozialgesetzgebung geht es diesen Menschen deutlich besser. Einfacher ist es für die Kinder, besonders dann, wenn sie im schulpflichtigen Alter sind. Sie können sich schnell wenigstens elementar verständigen und sind bemüht, mit ihren Mitschülern auf Deutsch – wie auch immer dieses Deutsch aussehen mag – zu kommunizieren.

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen hat im Bereich der Sprachförderung eine Vorreiterrolle. Das sogenannte „Neuburger Modell“ sieht eine gezielte Förderung ausländischer Kinder vor, die bei ihrer Einschulung noch kein Deutsch können. Sie werden einer ihrem Alter beziehungsweise ihrer Schulerfahrung entsprechenden Klasse der städtischen Grund- oder Hauptschule zugeteilt, in der sie aber nur die ersten beiden Schulstunden am Tag verbringen. Ab der dritten Stunde werden sie zusammengezogen und vier Stunden gezielt in Deutsch als Zweitsprache unterrichtet, in drei verschiedenen Niveaustufen (Anfänger, Mittlere und Fortgeschrittene).

In dieser sogenannten „Sprachintensivklasse“ bleiben sie eineinhalb bis zwei Jahre, dann wechseln sie ganz in die Regelklassen. Nun sind die meisten von ihnen sprachlich in der Lage, dem Unterricht in allen Fächern zu folgen und einen Schulabschluss zu erwerben. Zu dieser Sprachintensivklasse gehört auch eine Nachmittagsbetreuung, in der die Kinder zunächst ihre Hausaufgaben unter Aufsicht machen und dann entsprechend ihrer jeweiligen sprachlichen Bedürfnisse als Gruppe oder auch als Einzelne gefördert werden.

Sprachkurs für Eltern

Parallel und als Bedingung für die Teilnahme am Nachmittagsunterricht läuft ein Sprachkurs für Eltern, an dem ein Elternteil dieser Kinder teilnehmen muss, meistens sind es die Mütter – eine „Zwangsmaßnahme“, die dazu helfen soll, dass die Familien schneller in der Lage sind, ein eigenständiges Leben außerhalb der in sich doch recht abgeschlossenen Welt der Gemeinschaftsunterkunft zu beginnen. Finanziert wird das gesamte Projekt, das in Neuburg inzwischen drei Klassen umfasst und nun auch in Schrobenhausen anläuft, durch den Landkreis.

Es ist eine Freude, wenn man spüren darf, dass Interesse und Lernbereitschaft vorhanden sind – dann ist keine Mühe zu groß und keine Zeit zu schade, die man mit Vorbereitungen und Übungszeiten verbringt. Aber natürlich gestaltet sich der Alltag nicht immer so ideal, wie es die Beschreibung des Projektes vermuten lässt – insbesondere die Motivation und Arbeitshaltung sind sehr unterschiedlich. Die Kinder sind oft – wie ganz normale Kinder!!! – gelinde gesagt nicht immer „begeistert“, wenn sie Zeit zum Vokabeln- und Grammatiklernen investieren zu sollen, wenn ihre deutschen Freunde schon mit den Hausaufgaben fertig sind. Auch die „Wohlerzogenheit“ des Anfangs macht in vielen Fällen der Anpassung an den oft frechen Umgangston der Mitschüler/innen sehr schnell Platz.

Noch enttäuschender ist manchmal die fehlende Motivation der Erwachsenen, die oft erst sehr langsam begreifen, wie wichtig Sprachkenntnisse sind, wenn sie auf Dauer in Deutschland leben wollen, und dass das Lernen notwendigerweise auch Zeit und Mühe kostet. Aber viel entscheidender  sind die Freude und die Zufriedenheit und manchmal auch ein wenig Stolz, wenn in der Schule das Klassenziel erreicht wird, ab und zu nach relativ kurzer Zeit sogar der Übertritt in eine weiterführende Schule gelingt, wenn erste Elterngespräche möglich werden und auf den Gesichtern der Erwachsenen Ängstlichkeit und Unsicherheit einem befreiten Lächeln Platz machen und die ersten Worte und Sätze aus eigenem Antrieb gesprochen werden, dann darf man doch spüren, dass sich die „Knochenarbeit“ lohnt. Außerdem: "Die doitsche Schbrache isst eben ser schwehr!“

Text: M. Veronica Fuhrmann CJ