Radikalität statt Kompromisse: Gedanken zum Evangelium

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Im heutigen Evangelium wirkt Jesus ungeduldig, geradezu ungehalten auf mich: "Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!" Für mich ist es wie ein Weckruf, mich ja nicht zu sehr in der Bequemlichkeit einzurichten und mit Kompromissen abzufinden. Jesus selbst spricht davon, dass er bedrängt ist. Er ist bedrängt, weil er seinen Auftrag – seine Gefangennahme und Verurteilung, seinen Weg durch Leiden und Tod hin zur Auferstehung – vor Augen hat und andere nicht verstehen können oder wollen, stattdessen mit einem unentschiedenen "Vielleicht" antworten. Seine Botschaft ist radikal und fordert uns existenziell. Und wir antworten "morgen, vielleicht" und haben uns sonst ganz gut in unserem Leben eingenistet. Kein Wunder, dass Jesus da Feuer auf die Erde werfen und nicht nur hier und da ein Flämmchen anzünden möchte!

Dieses Feuer steht für mich für Jesu Frage nach meiner Entschiedenheit und Radikalität. In meiner eigenen Berufungsgeschichte spielte das Feuer eine wichtige Rolle, meine Bereitschaft, dorthin zu gehen, wo es ganz besonders brennt. Der Angst, mich zu verbrennen, stand die Zusage aus dem Buch Jesaja entgegen: "Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt" (Jes 43,2). Sicherlich haben viele von uns einmal eine klare und beherzte Entscheidung getroffen – für den Glauben, für das Engagement in dieser Kirche, für diese Lebensform, für diesen Partner.

Jesu Worte und sein Beispiel fordern uns aber immer wieder aus Neue heraus, uns zu entscheiden, entschieden zu handeln und nicht zu fragen, ob mir mein Handeln Nachteile bringen könnte. Wann habe ich zuletzt etwas aus Leidenschaft für Jesus Christus - auch für Jesus in meinem Nächsten, im Armen – getan und bin für ihn eingetreten, auch wenn es unbequem war? Wo ruft mich Jesus heute heraus, die Bequemlichkeit zu verlassen und mich entschieden zu engagieren? Der Weg der Nachfolge braucht Entschiedenheit und hat nichts von seiner Radikalität verloren.

Ein weiterer Aspekt: Mit dem Bild des Feuers verbinde ich stets auch das Feuer der Liebe. Hier geht es ebenso wenig um eine seichte Einstellung nach dem Motto: "Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb." Das Feuer der Liebe hat auch etwas Reinigendes. Es brennt alle Lieblosigkeit und Halbherzigkeit in uns weg. Die Liebe ist radikal und fordert uns ganz. Kann ich sagen, dass die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten in mir brennt? Was hindert mich daran? Was kann dieses Feuer der Liebe in mir (wieder neu) entfachen?

Wie sehr wünscht sich Jesus, dass das Feuer in uns brennt – für ihn, für die Menschen, für das Gute in der Welt! Nachfolge in Entschiedenheit, in Leidenschaft und Liebe, das ist es, wozu Jesus Christus uns ruft, und manchmal auch mit drastischen Worten.

Sr. Anna Schenck CJ

Evangelium: Lk 12,49–53

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist. Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung. Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und
die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter, und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.