Wo würde Jesus heute versucht werden?

"The biggest challenge is to be yourself in a world that tries to make you someone else." – "Die größte Herausforderung ist es, du selbst zu sein in einer Welt, die versucht, aus dir jemand anderes zu machen." Dieser Satz auf einer Postkarte hat mich an meine aktuelle Instagram-Timeline erinnert – also das, was mir dort angezeigt wird. Da geht es aktuell um Ernährung, Fitness und natürlich Spiritualität.

Und, so meine Beobachtung, gerade im Bereich Fitness gibt es da ganz verschiedene Anbieter. Manche arbeiten mit großen Versprechen: "Nie wieder Lust auf Süßes" oder "Bauchmuskeln in nur drei Wochen"; andere arbeiten mit der Verzweiflung, zeigen starke Vorher-Nachher-Bilder von Personen, die eine komplette Transformation geschafft haben. Alle suggerieren sie: Mit uns löst Du alle Probleme, mit uns wirst Du ein neuer, anderer Mensch.

Jesus geht es da ähnlich mit dem Teufel in der Wüste. In einer Phase, wo er seine Berufung findet, wo eine komplette Neuausrichtung des Lebens ansteht und er gleichzeitig sehr allein ist, kommen die Versuchungen, kommt der Verführer. Und der hat gute Argumente, gute Ziele mit Jesus: Heutzutage ist Hunger nicht mehr das Problem in unserem Land. Vermutlich wäre die Versuchung des Teufels für Jesus heute eher der durchtrainierte makellose Körper. Und die Herausforderung, mit der sich Jesus als der perfekte Messias beweise würde, wäre vielleicht kein Sturz vom Tempel, sondern eher die ultimative Himalaya-Tour, verbunden mit einem Charity-Event im Anschluss. Als Weltherrscher würde Jesus vor allem über tadellose Manieren verfügen und den diplomatischen Small-Talk beherrschen, mit dem er gleichzeitig Menschen taktisch klug lenken kann. So würden wir uns doch einen Messias gefallen lassen! Und Jesus? Der verweigert sich dem. Jesus will nicht besser sein als die Menschen, nicht der Mächtigste und Unverwundbare sein und schon gar nicht manipulieren. Jesus "entäußert sich" sagt Paulus, er will ganz Mensch sein – um uns in wirklich allen Nöten, auch den körperlichen, nahe zu sein.

Bei den Versuchungen geht es um zwei Grundanfälligkeiten des Menschen: die Angst und die Selbstüberschätzung. Mache ich mich klein, traue ich mir Sachen gar nicht erst zu, mache ich mich zum Nichts – oder traue ich mir zu viel zu, will ich ein anderer Mensch sein, mit Stärken, die ich nicht besitze? Gerade im Bereich Körper/Ernährung/Fitness sind wir da sehr anfällig – nichts wird in der Gesellschaft so scharf beobachtet und kommentiert wie unser (öffentlicher) Körper. Ich-selbst-Sein ist da manchmal sehr hart. Jesus nachfolgen – ja! Sich selbst lieben, wie Jesus uns liebt – eher nein.

Zum Glück für mich gibt es neben den "Versucher"-Anbietern in den Sozialen Medien auch viele fachlich fundierte Instagrammer: Das sind diejenigen, die zu kleinen Schritten raten – erstmal nur die Limonade weglassen. Jeden Tag spazieren gehen, nicht gleich joggen. Die wissen, dass Rückfälle dazu gehören und nach den Feiertagen trösten und ermutigen. Denen es nicht darum geht, uns einen Übermenschen vorzugaukeln, sondern darum, dass wir jeden Tag eine neue, bessere Version unseres "Ich-selbst" werden können. Und damit sind sie ganz nah an Jesu Froher Botschaft.

Danke an katholisch.de für die Möglichkeit, diesen Text zu übernehmen.

Evangelium nach Matthäus (Mt 4,1–11)

In jener Zeit wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel versucht werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird. Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.

Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er um deinetwillen, und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.

Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest. Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen. Darauf ließ der Teufel von ihm ab und siehe, es kamen Engel und dienten ihm.