„Besonderes Sorge für das Wohl der Jugend zu tragen…“

...auch in Corona-Zeiten!

In nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen von der Wirtschaft über die Schulen bis zum Sport gibt es inzwischen Lockerungen oder weitreichende Öffnungen. Über die Belange zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen wurde und wird diskutiert. Wer aber bisher kaum im Fokus der Aufmerksamkeit war, sind junge Menschen jenseits ihres Schüler/innen-Seins. Die außerschulische Jugendarbeit „befindet sich nach wie vor im Lockdown“, wie es in dieser Woche der Präsident des Bayerischen Jugendringes formuliert hat.

Im öffentlichen Diskurs tauchten und tauchen junge Menschen in diesen Wochen nur in der Eigenschaft ihres Schüler/innen-Seins, als besonders gefährliche Viren-Überträger/innen oder als unvernünftige Veranstalter von Corona-Partys auf. Junge Menschen, die mehr als alle anderen Altersgruppen den Kontakt zu Gleichaltrigen benötigen, die Räume und Orte brauchen, wo sie sich ausprobieren und mitgestalten können, oder auch Jugendliche, die nicht zuhause bleiben, weil sie kein Zuhause haben, in dem es sich aushalten ließe, oder deren Studienplan und Berufsperspektive plötzlich vor dem Aus steht – kurz, junge Menschen mit ihren spezifischen Situationen und Bedürfnissen werden kaum gesehen.

Die Schwestern der Congregatio Jesu versprechen in einem eigenen Gelübde, „besondere Sorge für das Wohl der Jugend zu tragen“. Demgemäß engagiert sich Sr. Magdalena Winghofer CJ als Präses des BDKJ (Bund der deutschen katholischen Jugend) in Nürnberg und hat die ehrenamtlich engagierten Jugendlichen des dortigen BDKJ-Stadtvorstandes dabei begleitet, sich am 15. Mai 2020 in einem offenen Brief an die Politik zu wenden:

„Angesichts der schrittweisen Öffnung inzwischen sämtlicher Geschäfte, der Öffnung der Schulen und einer unglaublich breiten gesellschaftlichen Debatte über die Fortsetzung der Bundesliga nehmen wir als BDKJ Nürnberg-Stadt ebenso wie die Verantwortlichen für Jugendarbeit auf Landes- und Bundesebene mit Erstaunen und Sorge zur Kenntnis, dass kein Plan für die umsichtige Öffnung der Jugendarbeit vorgestellt wurde.

Unzählige haupt- und ehrenamtlich Engagierte auch in Nürnberg sowie die Jugendlichen selbst werden in dieser schwierigen Situation allein gelassen und fragen sich, wie es beispielsweise sein kann, dass sich fünf Personen im Freien zur Ausübung von Individualsportarten treffen dürfen, nicht aber im Rahmen der Jugendarbeit, oder warum Menschen sich in Biergärten auf Abstand zusammensetzen dürfen, nicht aber in Jugendhäusern.

Durch die fehlende Jugendarbeit entfällt nicht nur ein sinnvolles Freizeitangebot für junge Menschen, sondern auch die Möglichkeit für uns Jugendleiterinnen und -leiter, Jugendliche in der Krise pädagogisch zu begleiten und auf diese Weise dazu beizutragen, dass sie mit der Situation verantwortlich und angemessen umgehen können. Nicht zuletzt sind junge Menschen in schwierigen familiären Situationen diesen ausweglos ausgeliefert. Die für Jugendliche entscheidenden Kontakte zu Gleichaltrigen sind unterbunden.

Eine Wiederaufnahme der Jugendarbeit muss selbstverständlich in umsichtigen, vorsichtig konzipierten Schritten erfolgen, was zwangsläufig alternative, kreative Lösungen erfordert. Dazu sind wir als Jugendleiterinnen und -leiter gerne bereit. Aber angesichts der beschriebenen Bedeutung außerschulischer Jugendarbeit halten wir diese für ebenso unverzichtbar in unserer Gesellschaft wie die schulische Bildung oder ausgewählte Wirtschaftszweige. Durch das stark begrenzte soziale Umfeld der eigenen vier Wände entstehen soziale Spannungen und Konflikte, die der Besuch des Schulunterrichts nicht lösen kann und die vor allem durch die Jugendarbeit aufgefangen wurden und auch wieder aufgefangen werden müssen.

Deshalb halten wir es für dringend notwendig, anhand ausführlicher Hygiene- und inhaltlicher Konzepte der Jugendarbeit eine Öffnung zu ermöglichen. Wir fordern diese schrittweise Öffnung bis spätestens zu Beginn der Pfingstferien. Nur so können wir den Jugendlichen wieder eine Perspektive für ihr Engagement geben und eine Anlaufstelle bei Problemen sein.“

Sr. Magdalena Winghofer CJ