"Es braucht das Dennoch, das hinter Alternativlosigkeiten nach Alternativen sucht."

Weihnachtsbrief der Provinzialoberin der Mitteleuropäischen Provinz

Liebe Schwestern,

das ganze Jahr über begleitet uns hier in Pasing eine Großbaustelle direkt gegenüber unserer Kirche. Dabei fasziniert mich besonders, wie die Kräne von einem Punkt aus die gesamte Baugrube überspannen. Und ich schaue mir an, von welchem Gegengewicht so ein Kran gehalten wird. In Pasing sind es 94.500 kg für einen Kran.

Wenn wir die Zeitung aufschlagen, kommt uns da nicht manchmal die Welt auch wie eine Großbaustelle vor? Vieles ist im Umbruch. Grenzen zwischen Kontinenten sind durchlässiger geworden. Andere Grenzen, die früher durchlässig waren, sind heute geschlossener. Was irgendwo auf der Welt geschieht, kann heute minuten- oder stundenschnell weltweit bekannt werden.

Langsam begreift die Weltgemeinschaft, wie die „Baustellen“ einzelner Länder miteinander in Beziehung stehen und viele arbeiten hart daran, zu gemeinsamen Absprachen zu kommen.

Auch die Großbaustelle Welt braucht für ihr Vorankommen starke Gegengewichte.

Weihnachten lädt ein, bei den Kindern zu schauen, was wir von ihnen lernen können. Ein Bild begleitet mich schon lange. In ihm erkenne ich solch starke Gegenkräfte:

Ich sehe Glauben vom Kopf bis in die Zehenspitzen in dem großen Schritt, der Geschwindigkeit, der Dynamik dieses Kindes. Es ist der unbedingte Glaube daran, wichtig zu sein, etwas beitragen zu können, damit sich eine Situation verbessert – und wenn es nur für heute wäre.

Ich sehe Hoffnung in der entschiedenen aufrechten Haltung dieses Jungen. Da ist kein Abwägen, ob das, was er bringt reicht, ob es sich lohnt.

Ich sehe Liebe zu denen, die im Inneren dieses Hauses leben; den Seinigen entschlossen und schleunigst das zu bringen, was nützlich ist.

In der Betrachtung, um Liebe zu erlangen, lesen wir:

Die Liebe besteht in Mitteilung von beiden Seiten: nämlich darin, dass der Liebende dem Geliebten gibt und mitteilt, was er hat, oder von dem, was er hat oder kann; und genauso umgekehrt der Geliebte dem Liebenden. (EB 231)

Die Kräfte auf einer Baustelle können berechnet werden. Für die Weltbaustelle reicht Berechnung nicht aus. Dafür braucht es Glaube, Hoffnung und Liebe.

Es braucht das Dennoch, das hinter Alternativlosigkeiten nach Alternativen sucht.

Es braucht die offenen Augen, die über die allgemeine Regel hinaus, den einzelnen Menschen sehen.

Es braucht das Berührtsein von einer Liebe, die mir selber gilt. Erst dann kann ich teilen und abgeben.

Das Gloria der Engel für die Hirten auf dem Feld und für uns heute singt:

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

Da ist sie, die Weltgemeinschaft, der Friede gilt allen. Gott ist Mensch geworden, damit wir in jedem  Menschen IHN erkennen und IHM dienen.  

Lassen wir uns von ihm berühren und beschenken geben wir dann weiter, was uns möglich ist.

Ich wünsche Ihnen im Namen aller Schwestern des Provinzrates zusammen mit Sr. Irene aus dem Ökonomat ein gnadenreiches Weihnachtsfest und ein gesegnetes neues Jahr.

Danke für alle guten Wünsche, Karten, Speisen und für Ihr Gebet und gute Zusammenarbeit das ganze Jahr hindurch.

Herzliche Grüße

Sr. M. Sabine Adam CJ
Provinzoberin