Sr. Monika Uecker CJ beim Interreligiösen Trialog

Glaube mit Zukunft

Interreligiöser Trialog in Frankfurt

Frankfurt. Ob dies das passende Motto war, unter dem der Trialog der Religionen für den Mittwochabend zu einer Gesprächsrunde über die emanzipatorische Kraft der Religionen eingeladen hatte? Draußen, in der Altstadt, kam die Menge zusammen. Der Weihnachtsmarkt wurde eröffnet. Viele nutzten hier die Religion, um sich abzulenken vom Weltgeschehen. Drinnen, im Haus am Dom trafen sich eine Gruppe von gut 50 Menschen. Sie wollten mehr von der Religion, sie wollten wissen, ob die Religion ihnen nutzen kann, um sich den Problemen unserer Zeit zu stellen. In einem moderierten Frage- und Antwortspiel sollten ihnen dazu Gäste aus vier Weltreligionen Antworten geben.

Individuelle Antworten

Schon im ersten Gespräch zeigte sich, dass es keine einfachen Antworten geben wird und diese sehr individuell ausfielen. Esther Ellrodt-Freiman von der Jüdischen Gemeinde erzählte, wie sie zum Glauben kam. In der Provinz, ohne jüdische Gemeinde und unreligiös aufgewachsen, wurde sie erst in der Stadt mit ihrem Judentum konfrontiert. Je mehr sie aber davon erfuhr, umso mehr erkannte sie sich als Teil seiner Haltung und Geschichte. Im Selbstreflexiven und im Ankämpfen gegen die Ausgrenzung erkannte sie sich wieder. Schließlich fand sie hier auch ihre Bestimmung. Sie wurde Erzieherin, ging nach Israel, um dort die Pädagogik zu studieren und bildete selbst Erzieherinnen aus. Sie wurde zu einer „Brückenbauerin“, jenem Menschen, der sich, selbst jetzt im Ruhestand noch, über die Maßen für den interreligiösen Dialog engagiert.
Menschen, denen ihre Religion und das gute Zusammenleben mit allen Andern eine Herzensache ist, scheinen nicht einfach zum Glauben zu kommen.

Bei Dr. Barbara Klingler-Krausnick, Mitglied der Buddhistischen Gemeinschaft, war der Weg zur Religion sicher ein anderer. Als Christin aufgewachsen, wurde die Entscheidung für den Buddhismus ein Bruch mit den eigenen Wurzeln. Dennoch war es vor allem ein Schritt der inneren Überzeugung. Je mehr sie, gerade als Ärztin, erlebte, umso klarer erkannte sie: meine Lehre ist die vom besonderen Wert eines jeden Mensch und der großen Selbstverantwortung, die jeder dafür hat. Und ihre buddhistische Religionsgemeinschaft gibt ihr nun Rüstzeug und Rückhalt, um im beruflichen Alltag und als Friedensaktivisten dieser Einsicht zu folgen.

Religion bewirkt innere Kraft

Auch bei Saber Ben Neticha vom Deutsch-Islamischen Vereinsverband war Religiosität nicht eine Folge der Erziehung. Niemand hätte gedacht, dass der Frankfurter Bub mit tunesischen Eltern, dem Fußballspielen das Wichtigste war, muslimischer Theologe werden würde. Als er allerdings sein Hobby zum Beruf machte, wurde ihm schnell der Ernst des Lebens bewusst. Er suchte in dieser Situation nach einem eigenen Standpunkt. In der Familiengeschichte und den damit verbundenen Deutungsmustern wurde er fündig. So studierte er den Islam und diese Religion wurde zu seiner inneren Kraft. Weil der Islam für Ihn bedeutet, dass sein Gott der Gott aller Menschen ist, tritt er jetzt für die Verständigung unter den Religionen ein, unter anderem im Rat der Religionen.

Für Ordensschwester Monika Uecker CJ war der Katholizismus schon immer Heimat. In der protestantischen Diaspora aufgewachsen, überzeugte sie der Zusammenhalt unter den Gleichgesinnten. Daraus erwuchs in ihr der Wunsch, die so gewonnene Geborgenheit auch allen andern Menschen zu vermitteln. Sie schloss sich einem Frauenorden an, der Religion in tätiger Hilfe praktiziert. Das war nicht einfach. Sie durchlebte manche Krise. Doch sie ging daraus mit einer inneren Gewissheit hervor, die es ihr heute erlaubt, in der Trauerseelsorge zu arbeiten. Wobei sie keinen Menschen ausschließt, egal welchen Glaubens oder Unglaubens er ist.

Als Fazit des Abends kann gesagt werden, dass Glaube, wie er hier zur Sprache kam, kein billiger Halt ist. Wer damit umgeht wie die Befragten, hat ein Rüstzeug für unsere Zeiten - und viel Arbeit. So stellten sich die Gäste anschließend auch dem persönlichen Gespräch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Allerdings wäre ohne die Leistung der Moderatorinnen, Susann Faust Kallenberg von der Evangelischen Kirche und Christine Göllner von der VHS Frankfurt, ein Abend wie dieser nicht möglich gewesen.
Dass die Konzentration des Publikums bei der Fülle an Informationen nicht litt, hatte aber auch mit der eingeplanten musikalischen Begleitung zu tun. Der Sänger Sascha Bulheller eröffnete mit einem Lied von Wolf Biermann die Veranstaltung. Die Chorleiterin Ursula Mühlberger sorgte für ein Musikalisches Zwischenspiel, bei dem das Publikum mitmachen konnte. Den Abend beschloss sie als Pianistin mit einem klassischen Werk.

So konnten sich Publikum und Gäste sogar noch einmal konzentrieren, als ihnen im Namen der Jüdischen Volkshochschule Dr. René Ribou die Ringparabel aus Lessings „Nathan dem Weisen“ vortrug, deren Kern die Aufforderung ist, den Segen einer Religion dadurch zu zeigen, dass sie für ein menschliches Miteinander sorgt.

Die Stimmung, in der die Menschen dann zu ihrem Nachhauseweg aufbrachen schien so, als hätte der Abend gezeigt, dass dies auch heute möglich ist.
Text: Dr. René Ribou

Info: „Trialog der Religionen“ ist ein Arbeitskreis in Frankfurt, in dem die drei abrahamitischen Religionen zusammen arbeiten und immer wieder die unterschiedlichsten Veranstaltungen anbieten. Die jüdische Volkshochschule ist vertreten, die VHS Frankfurt, katholische Erwachsenenbildung und evangelische Dialogbeauftragte. In den meisten Veranstaltungen kommen diese drei Religionen zu Wort, gelegentlich nimmt auch eine Buddhistin teil.