Interview mit Sr. Anna und Sr. Nathalie zu ihrer Ewigprofess

Am Samstag, 04.07.2020 feiern Sr. Nathalie und Sr. Anna ihre Ewigprofess. Hier berichten die beiden davon, warum sie sich für diesen Weg entschieden haben, was ihnen Mary Ward bedeutet und wie es ist, diesen besonderen Tag in Zeiten der Corona-Pandemie zu feiern.

Am 4.7.2020 feiern Sie beide Ihre Ewigprofess. Solche Feiern sind heute selten geworden. Was hat Sie, als junge, selbstbewusste Frauen, zu dieser Entscheidung für das Ordensleben bewogen?

Sr. Anna Schenck CJ: Für mich geht es gar nicht darum, was mich bewegt, sondern wer mich bewegt: Das ist für mich Jesus Christus, von dem ich mich zu diesem Leben in seiner Nachfolge und im Einsatz für die Menschen berufen fühle.

Sr. Nathalie Korf CJ: Für mich ist ausschlaggebend, dass ich Nachfolge Jesu verbindlich leben möchte. Und das möchte ich nicht für mich alleine tun, sondern in Gemeinschaft.

Was fasziniert Sie besonders an der Congregatio Jesu?

Sr. Anna: Was mich bei der Congregatio Jesu besonders anspricht, ist, dass es ein ignatianischer Frauenorden ist, der sehr authentisch die Gründungsvision von Mary Ward umsetzt: „Nimm das Gleiche von der Gesellschaft“, was bedeutet, dass wir nach den Konstitutionen des heiligen Ignatius von Loyola leben können. Das war und ist für mich wichtig in dieser Lebensform.

Sr. Nathalie: Eingetreten in die Congregatio Jesu bin ich, weil sie ein ignatianischer Frauenorden ist und ich vorher schon in der ignatianischen Spiritualität verwurzelt war. Im Laufe der Jahre habe ich die Ordensgründerin Mary Ward immer mehr entdeckt und spüre, dass sie mir als Frau im 21. Jahrhundert sehr viel zu sagen hat.

Mary Ward lebte zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Welche Bedeutung hat sie heute noch?

Sr. Nathalie: Mich spricht besonders ein Aspekt ihrer Persönlichkeit an. Ich bewundere sie dafür, wie sie in Treue die Spannung gelebt hat zwischen vollkommener Loyalität zur Kirche einerseits und andererseits zu dem, was sie als Gottes Auftrag an sie vernahm und was die damaligen Möglichkeiten von Frauen in der Kirche überstieg.

Sr. Anna: Auch für mich ist es besonders berührend, dass und wie Mary Ward diese Spannung ausgehalten hat, dass sie daran nicht zerbrochen ist oder auch nur verbittert wurde. Ich nehme sie bis heute als Frau wahr, die für die Themen Freiheit, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit eingetreten ist – Mary Wards Vision der gerechten Seele ist auch für uns Menschen heute ein guter Wegweiser, wie wir im Vertrauen auf Gott und mit ihm leben können.

Sr. Nathalie: Ich denke, Mary Ward kann uns Impulse dafür geben, was wichtig ist, wenn wir darum ringen, wie wir in der heutigen Zeit unseren Glauben persönlich und als Kirche leben können. Da gibt es viel zu entdecken. Es war ihr zum Beispiel wichtig, dass jeder Mensch, der sich um ein Leben in der Nachfolge Jesu bemüht, Großes vollbringen kann. Das finde ich ermutigend.

Mit der Ewigprofess geht der Weg des Hineinwachsens in die Congregatio Jesu für Sie zu Ende. Welche Ihrer Erwartungen haben sich in den vergangenen Jahren erfüllt? Was ist vielleicht auch ganz anders, als Sie es sich vorgestellt haben?

Sr. Anna: Am Anfang meines Weges in der CJ stand durchaus die Hoffnung, durch das Leben mit den Gelübden auch in eine größere Freiheit in meinem Leben und in der Nachfolge Christi zu gelangen. Es erfüllt mich mit Freude, dass ich das auch immer mehr so erfahren durfte. Dass ich erlebt habe, dass ich immer mehr hineingewachsen bin in die Beziehung zum Herrn.

Zugleich bin ich dankbar dafür, mit Frauen unterwegs zu sein, die eine ähnliche Sehnsucht haben und angetrieben werden von der Liebe zu Christus, die uns verbindet.

Sr. Nathalie: Mir ist die Gemeinschaft zur Sendung immer wichtiger geworden – das gemeinsame Unterwegssein mit meinen Mitschwestern in der apostolischen Ausrichtung. Wir sind sehr vielfältig in unseren Charismen und Begabungen und in vielen verschiedenen Bereichen aktiv. Das empfinde ich als große Bereicherung.

Ich habe in den letzten Jahren erfahren, dass ich in dieser Lebensform menschlich und geistlich wachsen kann und dass ich in der Ausrichtung auf Jesus Christus auch Herausforderungen gut meistern kann.

Sie leben nun schon einige Jahre mit und in der CJ, mit der Ewigprofess binden Sie sich lebenslang an die Ordensgemeinschaft. Was verbinden Sie mit diesem Festtag?

Sr. Nathalie: Die Feier der Ewigprofess ist einerseits das Ende eines langen Hineinwachsens in die Gemeinschaft und diese Lebensform. Dabei durfte ich Jesus Christus immer tiefer kennenlernen und habe die Beziehung zu ihm als stärkend und tragend erlebt. Aus dieser Erfahrung heraus kann ich mich nun endgültig an ihn binden in der Congregatio Jesu. Ich war in diesen Jahren mit vielen Menschen unterwegs und es ist schön, diesen Tag mit einigen von ihnen zu feiern. Andererseits ist die Ewigprofess auch der Beginn eines neuen Weges in die Zukunft hinein. Sie ist gleichzeitig Schlusspunkt und Auftakt.

Sr. Anna: Was ich mit diesem Tag verbinde, ist in erster Linie eine große innere Klarheit, dazu gerufen zu sein, für den Rest meines Lebens so zu leben – und den Wunsch, diese Bindung auch öffentlich zu vollziehen. Und ich freue mich natürlich darauf, dass das ein Tag ist, an dem wir miteinander die Wege, die wir bereits mit Gott gegangenen sind, feiern können.

Mir ist auch bewusst, dass aktuell viele unserer Vorstellungen, wie dieser Tag gestaltet sein könnte, von der Corona-Pandemie durchkreuzt worden sind. Das teilen wir aber mit allen Menschen weltweit. Und so haben wir nach neuen Formen der Verbundenheit gesucht. Unsere Professfeier wird daher für unsere Mitschwestern und weitere Weggefährten, die nicht dabei sein können, als Livestream übertragen. Das hätte ich mir früher nie vorstellen können, aber jetzt passt es einfach.

Sr. Nathalie: Das würde ich auch unterstreichen. Die Coronakrise hat uns herausgefordert und gleichzeitig eröffnet sie uns neue Chancen. So können jetzt zum Beispiel auch Menschen an der Feier teilnehmen, die sonst niemals die Möglichkeit gehabt hätten dabei zu sein, die Mitschwestern in Indien und Nepal zum Beispiel, bei denen ich in meinem Tertiat einige Monate verbracht habe. Die weltweite Verbundenheit, auch und gerade in der Krise, wird so für mich besonders gut spürbar.

Sr. Anna: Wir machen diesen Schritt der Ganzhingabe für die Zeit unseres Lebens. Es ist ein formaler Akt am Ende eines langen Weges und am Beginn einer neuen Etappe, aber eigentlich und in erster Linie ist es ein Moment des öffentlichen Bekenntnisses, der Dankbarkeit und der Freude.

Sie werden im Anschluss an die Professfeier in ganz unterschiedlichen Aufgabenbereichen eingesetzt. Was werden Sie tun?

Sr. Anna: Bischof Dr. Bertram Meier hat mich zur Amtsleiterin des Bischofs von Augsburg berufen. Diese Stelle werde ich nach der Ewigprofess antreten. Ich freue mich sehr über das Vertrauen von Bischof Bertram und hoffe, dass ich in der zukünftigen Aufgabe meinen Beitrag dazu leisten kann, dass er sein Amt segensreich und zum Wohl der Menschen im Bistum Augsburg ausüben kann. Übrigens kehre ich so in meine Heimatstadt Augsburg zurück, auch darüber freue ich mich. Mit dieser Stelle betreten wir Neuland – dabei vertraue ich auf die Führung des Heiligen Geistes.

Sr. Nathalie: Ich werde als Gemeindereferentin im Pastoralen Raum Main-Taunus Ost eingesetzt. Darauf freue ich mich sehr, denn ich habe meine Ausbildung zur Gemeindereferentin kurz vor Beginn des Tertiats abgeschlossen. Darüber hinaus habe ich einen Auftrag innerhalb unserer Ordensgemeinschaft bekommen. Ich gehöre zu einem Team, das sich in der Berufungspastoral engagiert und auch darauf freue ich mich sehr. In beiden Aufgaben darf ich mit Menschen gemeinsam Gottes Gegenwart in ihrem Leben und in der Welt entdecken und danach fragen, wozu er uns ruft. Das ist eine schöne Aufgabe.

Was würden Sie einer jungen Frau raten, die auf der Suche nach ihrem Weg im Leben ist und noch nicht so genau weiß, wo dieser sie hinführen wird?

Sr. Anna: Ich würde ihr raten: Bleibe dran an deiner Sehnsucht und das so lange, bis es für dich stimmt. Was mir in meiner Suche sehr geholfen hat, war es, mit einer geistlichen Begleitung zu sprechen. Menschen zu haben, mit denen ich über meine Fragen und mein Sehnen, meine Begeisterung und Zweifel sprechen konnte. Und natürlich kann ich Exerzitien empfehlen. Sie sind eine Intensivzeit des Unterwegsseins mit dem Herrn, mit Jesus Christus. Kurz: Aus meiner Erfahrung heraus ist es gut, auf sein Herz zu hören und darauf zu vertrauen, dass man im Tiefsten spürt, was für einen der jeweils richtige Weg ist.

Sr. Nathalie: Ich würde ihr raten, das, was sie anzieht, anzuschauen und in Begegnung zu gehen mit Menschen, die diese Lebensform bereits leben. Gut zu reflektieren, wonach sie sich sehnt und zu schauen, wo es sie mehr hinzieht.

Ich wünsche Menschen, die auf der Suche nach ihrem Lebensweg sind, den Mut, etwas auszuprobieren, die nächsten Schritte zu gehen und nicht aus Angst davor, dass es nicht perfekt ist, stehen zu bleiben. Es lohnt sich, Dinge auszuprobieren, auch wenn man nicht alle Konsequenzen kennt – den Kurs korrigieren kann man immer noch, denn keine Lebensform beginnt gleich mit der ewigen Bindung.

Zur Person:

Sr. Nathalie Korf CJ, geboren 1980 in Bad Neuenahr, trat 2011 in die Congregatio Jesu ein. Nach einer Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin hat sie sieben Jahre in den Arche-Gemeinschaften Dublin und Ravensburg mit Menschen mit und ohne geistiger Behinderung gelebt. Nach ihrer Erstprofess schloss sie das Studium in Praktische Theologie in Mainz erfolgreich ab und im Anschluss daran die Ausbildung zur Gemeindereferentin im Bistum Limburg.

Sr. Nathalie lebt und arbeitet ab Juli 2020 in Frankfurt am Main. Sie wird als Gemeindereferentin im Pastoralen Raum Main-Taunus Ost eingesetzt und gehört zum Team der Berufungspastoral der Congregatio Jesu.

Sr. Anna Schenck CJ wurde 1976 in Augsburg geboren und trat 2011 in die Congregatio Jesu ein. Sie hat Religionswissenschaft studiert und vor ihrem Ordenseintritt verschiedene berufliche Erfahrungen gesammelt: Nach einer Tätigkeit als Unternehmensberaterin war sie maßgeblich an der Organisation des Weltjugendtags 2005 in Köln beteiligt. Danach arbeitete sie im Raum Osnabrück im Krankenhausmanagement. Nach ihrer Erstprofess war Sr. Anna Sprecherin für Altenhilfe und Pflege der Caritas in Niedersachsen.

Sr. Anna lebt und arbeitet ab Juli 2020 in Augsburg und wird als Amtsleiterin des Bischofs von Augsburg tätig sein.