Notizen aus Loyola
Am 04. November 2025 wird die Vereinigung von CJ und IBVM offiziell im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes in Loyola vollzogen. Zu dieser Feier reisen Schwestern aus der ganzen Welt nach Loyola. Auch Vertreterinnen der Mitteleuropäischen Provinz sind dabei.
Sr. Ursula Dirmeier CJ und Sr. Nathalie Korf, Teilnehmerinnen aus der Mitteleuropäischen Provinz, lassen uns an dieser Stelle täglich an ihren Erlebnissen der Einheitsfeierlichkeiten in Loyola teilhaben.
Freitag, 7. November:
Der Abschied fand schon am gestrigen Abend statt, die ersten sind schon in aller Frühe aufgebrochen. Heute ist der Tag der Heimreise. Damit endet mit dem heutigen Tag auch unser Tagebuch aus Loyola.
Donnerstag, 6. November:
Ich habe mich für die Fahrt nach Javier entschieden, zwei Stunden durch eine wunderschöne Herbstlandschaft mit Flüsschen, Bergen, Tälern, aber auch sehr kurvenreich. Die Route geht über Pamplona, denn Javier liegt nicht im Baskenland, sondern in der Region Navarra. Kaum vorstellbar, wie lange die Träger gebraucht haben, den schwer verwundeten Ignatius von dort bis nach Loyola zu bringen.
Dann liegt sie vor uns, die eindrucksvolle Burg der Familie des Francisco von Javier. Es gibt darin eine große Kirche und das Museum, das die Wohnräume der Familie ebenso zeigt wie die Familienkapelle, berühmt durch den lächelnden Christus am Kreuz. Den kenne ich von den Ansichtskarten – nicht aber die Umgebung dieses Kruxifix, eine Art Totentanz. Gedacht als grausige Erinnerung der Menschen an ihre Sterblichkeit, scheint mir doch, dass das eine oder andere Gerippe lachen würde – ich habe es als Erlösungs- und Auferstehungslachen gedeutet. Dennoch will ich mir gar nicht ausmalen, was es für ein sensibles Kind bedeutet haben mag, in einer solchen Atmosphäre aufzuwachsen und das Beten zu lernen.
Im Museum finden sich zudem eine Reihe von dreidimensionalen Darstellungen der wichtigen Szenen im Leben des hl. Franz Xaver, sowie eine Handschrift von ihm und ein eindrucksvollen Betstuhl. Zu besuchen ist auch die Pfarrkirche mit dem Original-Taufbecken. Überraschend werden wir zu einer relativ privaten Eucharistie eines indischen Priesters eingeladen, der in dieser Kirche die Verbindung zu seinem Namenspatron herstellt. Nach der Messe in englischer Sprache offenbart sich, dass er Pfarrer in einer Gemeinde in der Nähe von Stuttgart ist.
Der Regen wartet dann bis zu unserer Heimfahrt und wir kehren voll tiefer Eindrücke nach Loyola zurück. Nun kommt das letzte gemeinsame Abendessen. Ab Morgen früh beginnt für die meisten die Heimreise; ich gehöre zur Konstitutionenkommission, die sich in Bilbao noch bis Dienstag an die Arbeit macht, nun nicht mehr als je drei Vertreterinnen der zwei Zweige, sondern als Mitglieder derselben Gemeinschaft ...
Mittwoch, 5. November:
Mir kommt am Morgen Gonzaga Barry in den Sinn, die in der langen Reihe, die von Ignatius über Mary Ward und Teresa Ball zu uns geht, auch hätte genannt werden können. Sie machte die Reise von Australien nach Europa, weil sie einen Traum hatte, der nun, 125 Jahre später, Wirklichkeit geworden ist, die Einheit aller Zweige in der Nachfolge Mary Wards.
Wir treffen uns im Auditorium, um nach einem gemeinsamen Morgengebet die Impulse von Sr. Pat Murray zu hören, die sie unter den Titel gestellt hat: „Frauen in der Morgendämmerung. Auf der Schwelle zu neuen Anfängen“. Ausgehend von Mk 16 spricht sie von der Situation der Dunkelheit, in der die Frauen dennoch aufbrachen. In der Morgendämmerung stellt sich ihnen die Frage, wer den Stein wegwälzen und die Hoffnungslosigkeit aus den Herzen nehmen wird, eine Frage, vor der wir heute angesichts von Hunger und Krieg, Klimakatastrophe und zunehmender Ausgrenzung der Fremden stehen. Schließlich die Aufforderung: Fürchtet euch nicht, sondern richtet die Botschaft aus! Wo ist unser Galiläa heute, in dem wir dem Auferstandenen begegnen werden? Abschließend gibt sie uns die Stichworte Synodalität und das Ausbleiben von Dominanz, Interkulturalität und die Entdeckung des Wertes der Unterschiede, gegenseitiges Kennenlernen und wechselseitige Zusammenarbeit sowie Gastfreundschaft mit auf den Weg.
Danach tauschen wir unsere Gedanken und Empfindungen in sechzehn Kleingruppen in Form des synodalen Weges aus. Im Plenum werden dann die mitgebrachten Geschenke von Provinz zu Provinz weitergegeben. Unsere Provinz erhält von Australien und Südostasien (Osttimor, Vietnam und Manila) ein wunderschönes Tuch mit dem Grundton Blau der diese Inseln umgebenden Meere. Wir übergeben Mary Wards Pilgerhut und eine schön gestaltete Kerze aus Ungarn an die Provinz Südasien (Lucknow, Kalkutta).
Am Nachmittag werden im Plenum die wichtigsten Aussagen aus den Gruppen wiedergegeben. Es folgt der vielfältige Dank für alle Arten von Arbeiten und Unterstützung, die für das Gelingen dieses Treffens notwendig waren. Zum Schluss erhalten die Provinzen und Regionen ein schön gestaltetes Dekret der Vereinigung.
Die Messe am Abend feiert mit uns der Bischof von San Sebastian, Fernando Prado Ayuso. In seiner Predigt sagt er: „Sie sind einen langen Weg gegangen – mit Licht und Schatten, mit Freude und Müdigkeit, mit Fragen und Hoffnungen. Aber hinter all dem stand immer die treue Liebe Gottes. Diese Liebe hat Ihre Unterscheidung unterstützt, Ihrem Leitungsteam Geduld gegeben, die Wunden geheilt und neue Horizonte eröffnet.“ „Dieser Akt der Vereinigung (…) ist keine administrative Fusion, sondern ein Zeugnis des Glaubens.“ „In Christus zu bleiben ist das, was die Sendung sinnvoll macht, was Gemeinschaften und Kulturen eint, was den apostolischen Dienst in ein Zeugnis der Hoffnung verwandelt.“ Nach der Kommunion folgt ein Ritual des Dankens für das bisherige IBVM-Leitungsteam. Mit dem Segensritus für das neue, gemeinsame Generalatsteam geht die Eucharistie und geht dieser Tag zu Ende.
Dienstag, 4. November:
Ich wünschte, alle wären hier – ist einer der ersten Gedanken an diesem besonderen Tag in Loyola.
Die Feier der Vereinigung beginnt auf der Treppenanlage vor der Basilika. Zu den Teilnehmerinnen, die sich seit Sonntag versammelt haben, gesellen sich Freundinnen und Weggefährten. Die Mitschwestern von San Sebastian und den anderen spanischen Niederlassungen kommen dazu. Ich versuche, mit gerade erfundenen spanischen Vokabeln einem Mann zu erklären, was hier vor sich geht. Ich glaube, er hat die zentrale Botschaft verstanden.
Die Prozession in die Kirche geschieht unter dem Klang der mitgebrachten Glocken und Trommeln. Die Poster der Provinzen und Regionen werden in der Basilika aufgestellt. Die Kirche füllt sich rasch und hallt vom lauten Jubel wider.
Alle Anwesenden und die an den Bildschirmen auf der ganzen Welt werden von Sr. Elena Cerdeiras auf Spanisch willkommen geheißen und von Sr. Carmel auf Englisch in die Feier eingeführt. Sie zitiert Papst Leo: Bei der Sendung geht es heute nicht so sehr um das „Aufbrechen“, sondern um das „Bleiben“. Dass wir Christus durch Gastfreundschaft und Willkommenheißen, durch Mitleiden und Solidarität bezeugen. Sr. Carmel ruft uns auf, dem Zauber des Anfangens zu trauen und mutig und in echter Indifferenz Unterscheidung zu praktizieren, in der Gewissheit, dass Gott uns in den vor uns liegenden Jahren führen und leiten wird.
Die beiden Lesungen hören wir auf Ukrainisch (Jesaja 43,1-2,16-19a) und Koreanisch (Röm 12,5-14). Der Hauptzelebrant, „Pater General“ Arturo Sosa legt sie und den Text des Evangeliums (Joh 17,18-26) in vier Punkten aus:
- Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst. Damit die Vereinigung möglich wurde, sind Sr. Noelle und Sr. Jane und nach ihnen Sr. Carmel und Sr. Veronica durch manche Feuer gegangen. Sie haben es gewagt, und schließlich haben beide Gemeinschaften einstimmig ihr Ja gesagt.
- Siehe, nun mache ich etwas Neues. Merkt ihr es nicht. Der Weg vor uns geht durch unbekanntes Land. Wir müssen einander sehen und erkennen helfen und durch Nebel und Dunkel hindurch darauf hinweisen: ‚Es ist der Herr. Wohin wir gesendet sind, dort ist unser Gott bereits‘ – und wie Mary Ward niemals aufgeben.
- Erkennt die Gaben und nützt sie … im Dienen, im Lehren, im Prophetin-Sein, im Ermutigen. Liebt einander in gegenseitiger Wertschätzung und interpretiert das positiv, was die andere sagt oder tut, und wenn ihr Zweifel habt, dann fragt nach …
- damit sie alle eins seien; denn dazu sind wir gesendet. Unsere Armut ist notwendig in einer Welt des Konsumierens; unsere Hingabe in der Ehelosigkeit ist notwendig in einer Welt zerbrochener Beziehungen; in einer Welt voll Karrierestreben und Egoismus ist unser Gehorsam notwendig.
Zum Abschluss legt P. Sosa uns wie Mary Ward ans Herz: Schätzt eure Berufung, sie sei konstant, effektiv und liebevoll.
Nach dem Kommunionempfang bringen Sr. Carmel und ihr Team das Fusions-Dekret nach vorn und Sr. Veronica liest es vor. Die Vereinigung ist damit vollzogen und gilt ab sofort. Der Beifall brandet auf – und immer wieder singen wir: Amen. Zwei Schlüsselworte entfaltet Sr. Veronica für unsere gemeinsame Zukunft: die Einheit der Herzen und die Freude. „Wenn ich heute von ‚Einheit der Herzen‘ spreche, so möchte ich das nicht als Belehrung oder Ermahnung verstanden wissen. Ich möchte es tun mit dem Focus auf Freude und Dankbarkeit, dass wir diese ‚Einheit der Herzen‘ im Prozess des ‚Einswerdens‘ in all den vielen Begegnungen spüren durften, dass es genau diese ‚Einheit der Herzen‘ ist, die es uns ermöglicht hat, den Schritt der Vereinigung zu tun, und heute als ein vereintes Institut Mary Wards hier zu sein. Und genau diese ‚Einheit der Herzen‘ wird uns ermöglichen, unsere Zukunft in guter Weise miteinander zu gestalten.“
Schließlich erneuern alle anwesenden Schwestern der nun größeren und vereinigten Congregatio Jesu gemeinsam ihre Gelübde. P. Sosa und Sr. Veronica segnen die CJ-Kreuze, Sr. Veronica überreicht sie jeder der anwesenden „vorherigen“ IBVM-Schwestern und heißt sie mit einer herzlichen Umarmung willkommen. Sicher der herausforderndste Moment, in dem nicht ohne Schmerz der Abschied vom bisherigen IBVM-Kreuz vollzogen wird. Danach erhalten die Leiterinnen der Provinzen und Regionen jeweils ein Säckchen mit den Kreuzen für die ihnen Anvertrauten. Nach dem Segen geht die über zweistündige Liturgie mit dem Lied „Santa María del Camino“ (Heilige Maria vom Weg) zu Ende.
Die Aufzeichnung der Feier ist auf dem Youtube-Kanal zu finden.
Montag, 3. November, Nachmittag:
Das Eisbrechen war schon längst geschehen, als wir uns am Nachmittag trafen, um die Lieder für die beiden Gottesdienste in der Basilika einzuüben mit englischen und spanischen Texten, aber auch mit deutschen, koreanischen und französisch-kreolischen.
Später am Nachmittag ging das Auftauen in die nächste Runde: Unter Leitung von Sr. Anna aus Korea sangen, klatschten und tanzten wir und brachten nebenbei unsere Provinzen und Regionen in Pose. Eine Polonaise durfte nicht fehlen und abschließend sammelten wir uns wieder in einem Gebet mit Körper und Seele.
Danach gingen wir ins Jahr 2009 zurück, sahen Bilder vom Romtreffen zum 400-jährigen Gründungsjubiläum und wurden an die gelben Tücher erinnert, die uns damals in den Straßen Roms und während der Papstaudienz beim gegenseitigen Erkennen halfen. Sie trugen das Mary-Ward-Kreuz, hatten aber in der Mitte einen dunklen Kreis. Morgen kommt dorthin unser neues gemeinsames CJ und dafür bekamen wir heute die Tücher.
Schließlich erhielt jede Provinz oder Region ein Poster mit dem Bild des jeweils ältesten Hauses. Wir stellten sie der Reihe nach vor, so dass ein lebendiges Bild aus Geschichte und Gegenwart entstand. Was für ein reicher Tag!
Montag, 3. November, Vormittag:
Nach einer langen Nacht und dem Frühstück gab es Gelegenheit, in der Kapelle des hl. Ignatius die Messe zu feiern. Dabei wurde auch der selige Rupert Mayer SJ kurz erwähnt. Und schon macht es ‚Klick‘: Rupert Mayer starb am Allerheiligentag 1945 bei der Eucharistiefeier am Altar der Kreuzkapelle in St. Michael, München. Das ist die Kapelle, in der Mary Ward und ihre Mitschwestern gut dreihundert Jahre zuvor zur Beichte und Kommunion gingen.
Am Vormittag besuchten wir drei wichtige Orte aus dem Leben des hl. Ignatius:
- Das Magdalenen-Hospital, in dem er, sehr zum Missfallen seiner Familie, lebte, als er 1535 für eine Zeit in seine Heimat zurückkehrte. Er half die mittellosen Kranken pflegen, predigte, gab den Kindern Katechese sowie einigen Erwachsenen die Exerzitien.
- Die Pfarrkirche San Sebastián de Soreasu, in der Ignatius getauft worden war, blieb uns leider verschlossen.
- Die Eremitage von Olatz mit der romanisch-gotischen Madonna im Strahlenkranz, die zum Familienbesitz gehörte.
Sonntag, 2. November:
Als wir zu dritt bei unserem Abflug-Gate am Münchner Flughafen ankommen, treffen wir auf eine Gruppe von sechzehn Mitschwestern aus Indien und Nepal und zwei weiteren aus Rumänien. Die erste große Begrüßung, der im Lauf des Tages noch viele folgen werden! In Bilbao werden wir schon erwartet (die Organisation ist perfekt) und per Bus nach Loyola gebracht. Dort begrüßen uns das Generalatsteam, unsere Zimmer und dann ein reichhaltiges Mittagessen. Der Nachmittag ist zur freien Verfügung oder zur Chorprobe in der Basilika. Ich gehe zum „Hausherrn“ in das Wohnhaus der Familie des Ignatius und in die Konversionskapelle.
Immer wieder kommen weitere Teilnehmerinnen an. Es bildet sich langsam ein großer Strom, gespeist von vielen Flussläufen, die in allen Erdteilen entspringen … Zu Abend essen können wir zwischen vier Uhr und halb zehn, damit die Spätkommenden nicht hungrig ins Bett müssen und andere nach einem langen Flug Zeit haben, sich auszuruhen und die Zeitverschiebung zu verarbeiten.
Freitag, 31. Oktober:
Ich habe eine grobe Vorstellung davon, was alles in den Koffer muss. Da bekomme ich Lust, mir die Teilnehmerinnenliste genauer anzuschauen. Ich hole mir Buntstifte und male die Namen je nach der Gegend an, aus der sie kommen, angefangen bei den fernsten: Amerindia, Nordamerika, Australien und Südostasien. Zum Schluss bleibt Europa übrig; da kommt der Regenbogen ein zweites Mal zum Einsatz. Ich weiß, dass ich mir viele Namen nicht werde merken können. Aber ich möchte so viele Teilnehmerinnen wie möglich (die beiden Jesuiten sind natürlich mitgemeint) kennenlernen …
Text: Sr. Ursula Dirmeier CJ



























































