Burghausen: Übergabe eines 300 Jahre alten Schatzes

© Stadt Burghausen / Hermes

Als die Schwestern der Congregatio Jesu im Jahr 2018 Burghausen verließen, waren sie sich sicher, dass sie zwar physisch an andere Orte versetzt werden, dass aber etwas bleiben würde - etwas vom Geist und der Spiritualität Mary Wards und dem, was das Leben von so vielen Menschen in der Region geprägt hat. Dass auch Gegenstände zurückbleiben, an die damals niemand gedacht hat, zeigte sich vor einigen Wochen bei einem besonderen Fund: Beim Aufräumen der heutigen Realschule fielen dem Hausmeister ein Hammer und eine Kelle aus dem 18. Jahrhundert in die Hände. Ein kleiner "Schatz" aus den Anfangszeiten des Instituts in Burghausen.

Bereits 1683 erfolgte die Gründung des Institutes der Englischen Fräulein in Burghausen. 1729 wurden die einstigen Wohnhäuser am Stadtplatz abgebrochen und 1731 schließlich das heute bekannte barocke Ensemble mit der Kirche 'Zu den heiligen Schutzengeln' erbaut. Und anlässlich dieser Grundsteinlegung wurde ein sogenanntes 'Zeremonialbesteck' in Form eines Hammers sowie einer Kelle aus Silber oder jedenfalls versilbert angefertigt. "Das war zu dieser Zeit durchaus üblich", erklärt Eva Gilch, Leiterin des Stadtmuseums Burghausen. Auf dem Besteck findet sich auch die Jahreszahl 1731 sowie Initialien von der damaligen Oberin Catharina von Compagni, dem damaligen Burghauser Bürgermeister Paulus Hartinger sowie dem Baumeister Johann Martin Pöllner. „Zumindest können diese Anfangsbuchstaben so interpretiert werden“, sagt Stadtarchivarin Eva Gilch.

Bei der Übergabe: Erster Bürgermeister Florian Schneider (2. v.r.), der Schulleiter der Maria-Ward-Realschule Burghausen Thomas Sompek (links), die Leiterin des Stadtmuseums Burghausen Eva Gilch sowie Dr. Heinz-Günter Kuhls, Vorstandsvorsitzender der Maria-Ward-Schulstiftung Passau.
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Die Congregatio Jesu hat nun das originale Zeremonialbesteck der Stadt Burghausen geschenkt. Zur Übergabe des Zeremonialbestecks sind Corona bedingt weniger Personen gekommen, als ursprünglich geplant. Aufgrund der sehr hohen Infektionszahlen mussten Provinzialoberin Sr. Cosima Kiesner CJ und Provinzökonomin Sr. Irene Schrüfer CJ ihre persönliche Teilnahme absagen. Anteil nahmen sie jedoch aus der Ferne: "Es waren lange und fruchtbare Jahrhunderte, in denen Schwestern der Congregatio Jesu in der Erziehung und Bildung der Mädchen wirken durften", so Sr. Cosima. "Wir freuen uns, dass die Stadt Burghausen dieses Erbe durch die Ausstellung des Zeremonialbestecks von der Grundsteinlegung im Stadtmuseum würdigen wird."

"Das Institut der Englischen Fräulein in der Burghauser Altstadt hat in seiner 335-jährigen Geschichte Burghausen und natürlich unzählige Schüler, und vor allem als einstige Mädchenschule, Schülerinnen stark geprägt", heißt es in der Mitteilung der Stadt zu Übergabe des Zeremonialbestecks. "Für die Schenkung dieses Kulturgutes möchte ich mich im Namen der Stadt recht herzlich bedanken", erklärt Erster Bürgermeister Florian Schneider.

Das Zeremonialbesteck als Kulturgut befindet sich nun im Stadtmuseum Burghausen auf der Burg. "Sobald wir, abhängig vom Pandemiegeschehen, wieder öffnen dürfen, werden wir es als Objekt des Monats sicher im Stadtmuseum ausstellen", erklärt Eva Gilch. 

Blick in die Geschichte:

1681 starb Rudolf Ulrich Baumfelder, Sohn eines kurfürstlichen Regierungsadvokaten, 24-jährig in Burghausen. Während seiner Krankheit hatte ihn seine Schwester Philippine, Mitglied der Englischen Fräulein in München, gepflegt, unterstützt von ihrer Mitschwester Helena Catesby. Die Burghauser Bevölkerung äußerte daraufhin den Wunsch nach einer Niederlassung der Englischen Fräulein in der Stadt. Erste Schritte in diese Richtung gab es 1681 mit dem Kauf des Baumfelderschen Elternhauses am Stadtplatz 101 b.

Am 6. Mai 1683 erfolgte die Gründung des Instituts der Englischen Fräulein in Burghausen. Erste Oberin von 1683 bis 1701 war die englische Adelige Helena Catesby, die die Ordensgründerin Mary Ward noch selbst gekannt hatte. Philippine Baumfelder war eine von sechs Schwestern, die ab Juni bereits Unterricht für Mädchen abhielten. Im September 1683 bestätigte der Salzburger Fürsterzbischof Maximilian Gandolph die Institutsgründung.
Die Zahl der Schwestern wie auch die der Schüler wuchs stetig an. 1687 bereits erwarb die Oberin Catesby das an das Institut angrenzende Wohnhaus, vergrößerte den Schulbereich und baute eine Kapelle an. Unter der Oberin Catharina von Compagni wurden 1729 alle Häuser abgerissen. 1731 wurde das heute bekannte barocke Ensemble mit der Kirche 'Zu den heiligen Schutzengeln' von Johann Martin Pöllner aus Trostberg erbaut. Die Weihe der Kirche erfolgte 1746.

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