Maria - Wiederkehr: Gedanken zum vierten Adventssonntag

Eine auf den ersten Blick unauffällige Statue ist es, die Sr. Birgit Stollhoff CJ in Uppsala angesprochen hat. In einem Zwiegespräch mit dieser besonderen Darstellung der Muttergottes macht sie sich adventliche Gedanken und fragt: „Was siehst Du Maria? Wen erwartest Du?“ Und was können die Antworten auf diese Fragen für uns bedeuten?

Nein, schön ist sie nicht, diese Maria und schon gar nicht auffällig. Wer in der evangelischen Domkirche in Uppsala den Gang hinter dem Hochaltar betritt, wird erstmal an ihr vorbeilaufen, eher interessiert an den Kapellen linkerhand.

Irgendwann streift der Blick dann die kleine Frau – altmodisch im dunklen Mantel mit Kopftuch und abgetretenen Schuhen. Und dann mag man kurz stutzen. Irritiert ihre schäbige Kleidung, die so gar nicht zu den farbigen Sportjacken oder modischen Mänteln der Schweden und Schwedinnen passt? Oder überrascht, dass sie stillsteht, schweigend, verharrend im Moment, gedankenversunken zwischen all der sakralen Kunst? Ein Fremdkörper, weder passend zur Geschichte noch zur Gegenwart?

Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich selber um ein Kunstwerk, noch dazu die heilige Gottesmutter Maria, handelt. Kein Altar signalisiert es, keine Kerzen und keine Kniebank lassen Verehrung zu. Man muss sich ihr so nähern. Und dann nimmt einen der Blick gefangen. Unwillkürlich bleibt man selber stehen, hält inne, so, wie Maria es tut.

Die Statue ist betitelt mit „Wiederkehr“. Man beginnt, ihrem Blick zu folgen: „Was siehst Du Maria? Wen erwartest Du?“ So entsteht einen Dialog mit dieser ärmlichen Frau, der die Flucht als junge Frau und der Schmerz um den Sohn im verhärmten Gesicht jetzt so deutlich abzulesen ist. „Wen erwartest Du, mitten in der Pracht dieser Kirche und der Geschäftigkeit unseres Alltages? Zwischen den Handtaschen und dem Museumsshop, den Kirchenführern und dem ein oder anderem Gebet?“ Und während wir reden, ist plötzlich Advent: Unversehens stehend wir selber da mitten in der Geschäftigkeit unseres Alltags, mit den Geschenklisten und Plätzchenrezepten und tun etwas Ungewohntes: Wir fragen nach Gott und warten auf die Begegnung mit IHM. Ob Ankommen oder Wiederkommen – wenn wir IHN denn nur erwarten!

"Du sollst Dich selbst unterbrechen“ fordert die Theologin Dorothee Sölle. „Zwischen Aufräumen und Vorbereiten sollst du es in dir singen hören, das alte Lied der Sehnsucht: Maranata, komm, Gott, komm!“ Maria Blick führt nicht in eine der Kapellen, sondern nach innen, zu der eigenen Sehnsucht. Nicht vor den Altären wird uns Gott antreffen, wenn er wiederkommt, sondern hier, mitten in den Begegnungen und Begebenheiten, in der Armut und Fülle unseres Lebens.

Text: Sr. Birgit Stollhoff CJ
Foto: Sr. Helena Erler CJ (Statue mit dem Titel „Återkomst“ / Wiederkehr,  Domkyrkan, Uppsala)