"Hat neues Leben uns gebracht" - Ostergruß 2021

"Hat neues Leben uns gebracht. "

(GL 329, 2. Strophe)

Lieber Leser, liebe Leserin,

auf dem langen und herausfordernden Weg durch die Pandemie haben wir nun auch die Wochen der österlichen Bußzeit durchschritten. Der Eintritt in die Karwoche mit der Liturgie des Palmsonntags führt uns noch einmal tief hinein in das Dunkel, die Schuld, das Leid, in die schwer zu ertragende Realität des Todes.

Wie viele Tode sterben wir? Franziskus spricht in seinem Sonnengesang vom ersten und zweiten Tod. Ich entdecke in meinem Leben noch so viel mehr Tode, und sie spiegeln sich in unserer Sprache. „Ich bin fast gestorben“ – diesen Satz haben Sie sicher schon öfter gehört und vielleicht schon selbst gesprochen. In diesem Satz schwingt Angst mit und die Erfahrung ausgeliefert zu sein oder nicht bestehen zu können. In diesem Satz schwingt Schmerz mit und die Erfahrung von Ausweglosigkeit.

Ich denke bei diesem Satz an für mich schwierige Situationen in meiner Kindheit und Jugend, aber auch als Erwachsene: als ich das erste Mal auf dem Klavier etwas vorspielen sollte und an meine erste Beichte. Ich denke an Prüfungen, vor denen ich Angst hatte, an Beurteilungen und Verurteilungen, die ich erleben und erleiden musste. Ich denke an das Mitempfinden und Mitleiden bei bedrohlichen Krankheiten und Operationen und an das Mitsterben beim Tod meines Vaters.

Wie viele Tode sterben wir? Sie alle haben Ihre eigenen Erfahrungen damit. Aber Sie alle haben auch die Erfahrung, dass es nach diesem Moment des Sterbens ein neues Leben gab, anders als vorher, aber Leben. Und wenn Sie hinschauen, ist aus diesem neuen Leben wieder Gutes entstanden – für Sie selbst, für andere.

Am Ende der Karwoche feiern wir Ostern. Ein unbegreifliches Fest. Die Auferstehung Jesu ist nicht nur eine Hoffnung, sie ist wirkmächtiges Zeichen, dass auch wir auferstehen werden, wenn wir uns an Ihn halten. Das Fest der Ostern garantiert uns, dass Gott uns nicht im Dunkel, nicht im Schmerz, nicht im Leid, nicht in der Schuld, nicht im Tod belässt. Er holt heraus zu neuem Leben.

Durch Ostern steht unser Leben unter dem untilgbaren Vorzeichen des Heils. Wo können wir in dieser Pandemie, wo in unseren Gemeinschaften, wo in unserer Gesellschaft diese Vorzeichen des Heils entdecken und uns an ihnen freuen. Wo zeigt sich uns das neue Leben, das in uns Raum gewinnen will?

Von Herzen wünsche ich Ihnen die österliche Erfahrung: Verklärt ist alles Leid der Welt, des Todes Dunkel ist erhellt. Der Herr erstand in Gottes Macht, hat neues Leben uns gebracht.

Einen herzlichen Gruß

Sr. Cosima Kiesner CJ
Provinzialoberin