Verborgene Schätze - Berichte einer Aus-Richtung, Vorspann
Beim „Räumen“, dem verborgenen derzeitigen Tätigkeitsschwerpunkt vieler Ordensgemeinschaften, kommt oft Interessantes zutage. Folgen Sie uns in die jüngste Bibliotheksräumung in München-Nymphenburg.

Man kann sich leicht vorstellen, was für physische und seelische Kräfte oft schon selbst recht betagte Schwestern einsetzen, wenn sie als letzte verbleibende Zuständige all das zu ordnen, zu organisieren und oft genug auch zu bewegen haben, was große, jahrhundertealte Häuser enthalten in der ehemaligen Näherei, Wäscherei und vollen Kellern voll von wunderbar gepflegter – und nun nicht mehr benötigter – Weißwäsche, Altarwäsche, Mobiliar, DIA-Sammlungen aus der Unterrichtspraxis und mehr dergleichen. Oft sprechen wir nicht gerne darüber. Aber tatsächlich geht ein beachtlicher Teil der Arbeitskraft seit Jahrzehnten ins „Räumen“. Alle Mitschwestern in unserer Gemeinschaft haben bereits große Häuser mit ein- und ausgeräumt. Und dabei ging ihnen Wichtiges durch die Hände, aber auch durch den Sinn: sehr echte und ehrliche Gedanken, auf Leben und Tod, die Zukunft der Kirche und auf die Alltagsgestalt unserer Gemeinschaft gerichtet.
Eine Zeit der Anstrengung - und der Entdeckungen
In den kommenden Tagen möchte ich Ihnen berichten von der „Räumung“ der großen Schwesternbibliothek in München-Nymphenburg. Sie füllte einen großen, ehemaligen Speisesaal und beherbergte einen Bestand von ca. 25.000 Bänden aus der Zeit vom 16. bis zum 21. Jahrhundert. Vielleicht stellt man sich so einen Vorgang vor allem anstrengend vor. Ja, das war er auch. Aber zugleich war es eben eine Zeit der Entdeckungen. Die Themen, die Anordnung, viele Widmungen und andere „Benutzerspuren“: Sie alle ermöglichten, den Menschen zu begegnen, die die Bibliothek aufgebaut haben. Und es gab helfende Hände, die halfen, sie abzubauen.
In einer kleinen Serie kurzer Berichte werde ich davon erzählen. Ich gebe der Serie den Titel „Berichte einer Aus-Richtung“. Ausrichtung ist für mich dabei Gegenbegriff zu Einrichtung. Dieses Begriffspaar entstammt dem Anfangsgebet meiner ersten kontemplativen 30tägigen Exerzitien vor genau zwanzig Jahren, wo ich Gott bat: „Richte mich in Dir aus!“ Ich wollte damals Gott bitten, mir beim Loslassen von vielem Einzelnen zu helfen, in ihn hinein als eine Wohnung, die immer mindestens so sehr Ort des Ankommens ist wie eine krasse Situation des Exodus. Und so steht der Begriff von damals Pate für eine Hoffnung, die mich auch jetzt trägt. Was wir äußerlich bewegen, möge uns in Gott ausrichten so wie Metallspäne im magnetischen Feld.
Text und Bild: M. Britta Müller-Schauenburg CJ
Widmung
Ich widme die Serie M. Marguerite Prénot, die 1925, vor genau hundert Jahren ihr Leben auf sieben Blatt Papier aufgeschrieben hat, als ihr klar wurde, dass sie bald sterben muss: wie sie aus Frankreich nach Altötting kam, wo sie ins Institut eintrat und viele Jahre in Rumänien wirkte, bis sie in Nymphenburg starb. Ihr Name ist mit der letzte auf den Gedenkplatten auf dem Nymphenburger Friedhof.
Die sieben Blätter schlummerten in unserem Archiv, bis ich sie, noch im Noviziat, in die Hand bekam mit der Bitte, das Französisch zu übersetzen. Der Text hat mich entdecken lassen, wie persönlich und bedeutsam die Quellen auch unserer jüngeren Institutsgeschichte sind, jenseits der ersten Gründungsgeschichte. Diese „gegenwärtige“, jüngere Geschichte und Erinnerung, die in der Congregatio Jesu auch noch präsent ist, habe ich dann als Juniorin selbst erzählt bekommen. Und sie spiegelt sich natürlich auch in unserem Umgang mit Büchern.
Den Lebensbericht von Marguerite Prénot kann man bei den Findlingen nachlesen.